Rezension

Gebrauchsanweisung, nicht nur für Pubertierende ;)

Gebrauchsanweisung für Pubertierende - Timo Parvela

Gebrauchsanweisung für Pubertierende
von Timo Parvela

Bewertet mit 4.5 Sternen

Pubertät. Sie trifft dich nicht unvorbereitet, denn du weißt, sie steht unweigerlich bevor. Spätestens 12 Jahre nach der Geburt deines Wonneproppens hat sich dieser – wahlweise auch diese – vom süßen, lachenden Baby, das glucksend deine Grimassen quittierte, zu einem oft zickigen und beinahe immer mies gelaunten Rotzlöffel verwandelt, dessen gute Manieren irgendwo in der Schublade gelandet sind und dort erst einmal verstauben. Gut, dass es Timo Parvela gibt, dem es übrigens mit seiner pubertierenden Tochter nicht anders geht. So dachte er sich, warum nicht einfach einige überlebenswichtige Ratschläge mit auf den Weg geben, welche das Fortdauern der Spezies Eltern sichern könnten! Du fühlst dich nun angesprochen? Dann lies weiter!

Jawoll, das habe ich getan, lieber Herr Parvela und ich muss sagen, ich habe mehr als nur einmal heftigst mit dem Kopf genickt, um meine inbrünstige Zustimmung auszudrücken. Was der finnische Autor, welcher für seineKinderbuchreihe rund um Ella auch jenseits der finnischen Grenzen bekannt geworden ist, in seinem 27 Seiten umfassenden Überlebensratgeber – ja, so möchte ich dieses kleine, aber feine Werk betiteln – zum Besten gibt, hilft vielleicht nicht unbedingt bei jedem Problem, dem wir uns in dieser Phase des Lebens unserer Kinder stellen müssen, doch sorgte er zumindest für herzliche Lachsalven.

Hand aufs Herz: Wir haben diese kleinen Monster lieb. Doch ich bin ehrlich: Im Moment würde ich mich manchmal gerne auf eine einsame Insel – der Autor bevorzugt laut Nachwort eine Isolationszelle mit Schloss nur auf der Innenseite – beamen, um einfach nur mal ein paar Tage durchatmen zu können. Doch ob wir wollen oder nicht, wir müssen da durch. Kind und Kegel, Mutter und Vater, Bruder und Schwester. Natürlich ist es auch gar keine Frage, dass für den/die Pubertierende selbst völliges Chaos herrscht; er/sie muss lernen sich zu behaupten, testet Grenzen, manchmal über die Schmerzgrenze der Eltern hinaus und überhaupt: Wann sind meine Eltern eigentlich so komplett meschugge und uncool geworden? War das schon immer so?

Viele der Szenarien, welche von Timo Parvela in Form von “Fällen” mit erfrischendem Humor, in Kombination mit unverhohlen würziger Ironie kredenzt werden, kommen mir so oder in ähnlichem Ablauf nur allzu bekannt vor. Die Türen fliegen (bang!), das Mittagessen wird mit reichlich trotzigen Blicken heruntergewürgt (wie kann sie das jetzt nur kochen, omg?!) und überhaupt braucht das Tochterkind nun dringenst (Superlativ!) neue Schuhe, diese hier gehen mal gar nicht. Die [Name hier einfügen] hat die auch!

“Ich habe leider nur wenig Zeit, mich im Glanz meiner, wie ich finde, rhetorisch ausgefeilten Rede zu sonnen, denn jetzt sieht mich meine Tochter an, als hätte sie mich in den gleichen Winterschuhen ertappt.
»F… you! Ihr versteht mich einfach nicht!« – Position 89

“Ach mein liebes Kind. Ich versuche es mit Leibeskräften, doch einfach machst du es mir nicht.” ist definitiv das Fazit, das ich aus dieser Kurzgeschichte ziehen kann. Und doch sind wir ja aller guter Hoffnung, dass es sie wieder geben wird: die gemeinsamen Gespräche über ein Buch, oder das friedliche Zusammensein bei einem Ausflug. Ohne Augenrollen. Bis dahin heißt es Nerven bewahren und darauf achten, dass der Sprößling sich bei all seinen Eskapaden nicht ernsthaft selbst Schaden zufügt. Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr. Zeitloser Spruch, dem von meiner Seite aus nach wie vor nickend zugestimmt wird. Doch Timo Parvela hilft uns zumindest, nicht alles zu ernst zu nehmen. Er hat, ähnlich wie Jan Weiler in »Das Pubertier« keine ultimative Lösung für Eltern parat, doch lehrt er uns eines: Bewahrt euch euren Humor, liebe Eltern! Und ein dickes Fell.

Mein Fazit: Es ist nicht das erste Buch, welches sich auf humorvolle, selbstironische Weise mit dem Thema Pubertät auseinandersetzt und doch hat Timo Parvela es geschafft, mich mit seiner kleinen Gebrauchsanweisung zu überzeugen und herzlich zum Lachen zu bringen. Danke für erfrischende 27 Seiten kurzweiliger Lektüre, die ich gerne immer dann zur Hand nehmen werde, wenn mir mal wieder die Hutschnur brennt. Man munkelt, dass in den letzten Tagen ein dezentes deutlich sichtbares Aufglimmen selbiger beobachtet wurde.