Rezension

Gelungene, poetische Übersetzung

Odyssee - Homer

Odyssee
von Homer

Bewertet mit 5 Sternen

Die Odyssee, neben der Ilias das zweite dem griechischen Dichter Homer zugeschriebene Epos, gehört zu den ältesten und einflussreichsten Dichtungen der abendländischen Literatur. In Schriftform wurde das Werk erstmals im 8. Jahrhundert v. Chr. festgehalten. Es schildert die Abenteuer des Königs Odysseus von Ithaka und seiner Gefährten auf der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg

Zunächst einmal: Hach, die Sprache... Ich habe angefangen zu lesen und mir war fast, als würde in meinem Kopf jemand singen, so melodisch hat der Übersetzer die deutsche Version gestaltet. Hier müsste man direkt einen Hut vor Roland Hampe ziehen, der einen wunderbaren Job gemacht hat. Diese Fassung ist auf jeden Fall einer alten Übersetzung vorzuziehen, egal ob man das Buch zum reinen Vergnügen lesen möchte oder aus irgendwelchen Gründen dazu verpflichtet ist. Auch wenn man mit Gedichten nicht viel anfangen kann, taucht man sehr schnell in die Handlung ein.

Wer allerdings die starken Frauen in der Literatur liebt oder wem es missfällt, dass sie in diesem Epos meist eher Nebenrollen einnehmen, wird kein hundertprozentiges Lesevergnügen finden. Es handelt sich nun mal um einen uralten Heldenepos und da sind Frauen in den typischen Frauenrollen dargestellt, sogar die Königinnen weben Stoff und ziehen sich mit anderen Frauen zurück, um separat von den Männern zu sitzen und Dinge zu tun, die im alten Griechenland als Frauendinge galten.
Mich stört das nicht - schließlich weiß ich ja, worauf ich mich beim Lesen von Anfang an eingelassen habe und es hätte mich gewundert, wenn ausgerechnet Homer modern gegendert wäre etc. Wie gesagt - es ist ein altes Buch über eine alte Welt und soll so gemocht werden, wie es nun mal geschrieben steht. So war die Welt damals eben.

Ein wenig verwaschen war für mich der Schluss - ganz habe ich nicht verstanden, wie genau die große Versöhnung abgelaufen ist, die Zeus und Athene da gestiftet haben. Und wieso genau man den Ziegenhirten an einen Balken hängen musste, sehe ich noch ein. Damit er nicht wegkommen kann. Aber wieso ihn so grausam verstümmeln? Er war nicht schlimmer als andere Gegner von Odysseus in dieser Geschichte...

Sprachlich fand ich die Odyssee, wie gesagt, wunderschön. Ich las eine sehr angenehme Übersetzung, mit dem hehren Anspruch, "die deutsche Sprache nicht zu vergewaltigen". Dadurch konnte ich mich an sehr poetischer Sprache erfreuen.
Im Gegensatz zu gekürzten Prosafassungen gab es hier außerdem viele amüsante Zwischenepisoden und Erzählungen, die das Lesen sehr vergnüglich machten. In der Fassung, die ich kannte, wurde beispielsweise die genaue Geschichte von Odysseus' Großvater mütterlicherseits ausgespart, ebenso wie einige Mythen, die in der Originalfassung zum Vergnügen der Männer in der Geschichte selbst erzählt wurden.