Rezension

gelungener Auftakt für einen ungewöhnlichen Ermittler

Das Büro der einsamen Toten - Britta Bolt

Das Büro der einsamen Toten
von Britta Bolt

In Amsterdam gibt es im „Amt für Katastrophenschutz und Bestattungen“ eine kleine Abteilung, die sich um unbekannte Tote kümmert. Die Mitarbeiter dort finden heraus, ob es doch noch Verwandte gibt, die entweder erben könnten oder das Begräbnis bezahlen sollen und kümmern sich in letzter Konsequenz auch darum, die Verstorbenen würdevoll zu bestatten. Dieser Teil der Arbeit liegt Pieter Posthumus besonders am Herzen, zudem macht er seine Arbeit nicht nur oberflächlich, sondern verbeißt sich durchaus in einen Fall, um aus den kleinsten Indizien noch auf Identität und daraus der Herkunft oder mögliche Verwandte eines Toten zu schließen. Diesmal versteckt sich ein Verbrechen hinter einer der Akten, die auf seinem Schreibtisch landen. Parallel dazu ermittelt ein Anti-Terror-Team in der Stadt und versucht einen Anschlag zu vermeiden, von dessen unmittelbarem Bevorstehen ihr karrierewütiger Chef überzeugt ist.

Noch vor Beginn war ich etwas irritiert, dass das Buch aus dem Englischen übersetzt ist, die Originalausgabe erschien aber auf Niederländisch. (Sie ist wohl ebenfalls aus dem Englischen übersetzt). Das Autorenteam, das sich hinter Britta Bolt verbirgt, setzt sich aus einer Deutschen und einem Südafrikaner zusammen, die beide in Amsterdam leben.

Möglicherweise aus diesem Grund legen sie besonders viel Wert darauf, die Stadt als stimmungsvollen Hintergrund aufzubauen. Eine Vielzahl von  Straßennamen und Vierteln und so einige Beschreibungen der Wege, die die Figuren zurücklegen, erzeugen durchaus ein entsprechendes Lokalkolorit, manchmal war es schon zu viel, immerhin ist dankenswerterweise im Umschlag ein Stadtplan abgebildet, der hilft gewaltig. Zwar kann Bolt nicht widerstehen, malerische Klischees einzubauen, aber immerhin werden sie bewusst eingesetzt, wie zum Beispiel das Touristenpaar, das die Nachbarin in weitem Rock auf blumengeschmücktem Fahrrad fotografiert und dann von Posthumus weggeklingelt wird.

Posthumus ist eine sympathische Figur, etwas behäbig und eigenwillig, er arbeitet darauf hin, ein echtes Original zu werden. Sein Alltag ist liebevoll mit Details ausgestaltet, die allerdings manchmal etwas unausgearbeitet wirken. So taucht sein Faible für gutes Essen inkl. entsprechender Kochkünste zwischendurch einmal sehr prominent auf, um den Rest des Buches nur ein Nebensatzdasein zu fristen, ähnlich ergeht es auch anderen charakteristischen Details aus seinem Leben. Die Nebenfiguren, sowohl in seinem Umfeld, wie auch die Marokkaner oder die Antiterrorbeamten sind erst recht viel zu zahlreich, wodurch zu wenig Platz bleibt, um ihnen ein echtes Profil zu verpassen. Das ist schade, denn der erste Eindruck von einigen von ihnen ist ziemlich vielversprechend. Hier kann man nur hoffen, dass zumindest ein Teil von ihnen in den Folgebänden erneut auftaucht und dann ihre Persönlichkeiten besser herausgearbeitet werden.

Der Zusammenhang zwischen den Ermittlungen, also Posthumus einzelne Fälle, seine Nichte, dazu das Anti-Terror-Team ist leider dann auch ein wenig zu dicht, um glaubwürdig zu sein. Hier wären ein paar weniger Verwicklungen besser für das Buch gewesen, es muss nicht jeder mit jedem in irgendeiner Art von Verbindung stehen.

Nichtsdestotrotz mochte ich das Buch, ganz besonders gefiel Posthumus würdevolles Durchwühlen der Leben unbekannter Toter, davon will ich mehr lesen. Den nächsten Band hatte ich schon in der Hand und freue mich darauf, ihn in Kürze zu lesen. Und dann warte ich auf die Übersetzung von Teil 3...