Rezension

Gelungener Debüt-Roman

Hochsommermord - Jochen Frech

Hochsommermord
von Jochen Frech

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ich habe zu dieser Lektüre gegriffen, da ich es unheimlich spannend fand, einen Kriminalroman zu lesen, der von jemandem geschrieben wurde, der wirklich Ahnung hat von dem, was dort geschrieben wird, nämlich von einem Polizisten. Nur muss dieser Polizist dann auch noch ein Talent zum Schreiben haben. Ich persönlich kann nicht beurteilen, ob jemand Talent hat oder nicht, ich kann nur sagen, ob mir ein Buch gefallen hat oder nicht – und dieses Buch hat mir gefallen. Es ist leicht zu lesen und prima geschrieben und am Ende auch so spannend, dass ich es nicht aus der Hand legen mochte. Allerdings unterscheidet es sich auch grundlegend von manch anderen Krimis: Hier ist es so, dass an seinem ersten Tag bei der Kripo Kepplinger den Fall just beim Begrüßungsgespräch beim Chef zugeteilt bekommt, da alle neuen Kollegen gerade unterwegs sind. Kepplinger macht sich an die Arbeit und kommt auf eine Spur, unterbricht ein wichtiges Meeting des Chefs und wird prompt zum Leiter der SOKO ernannt – an seinem ersten Tag. Das an sich ist zwar ungewöhnlich, aber nicht schlecht. Was ich allerdings sehr schade finde, ist dass außer Lea, einer Kollegin von der Streife, keine Kollegen näher beschrieben werden. Auch Kepplinger an sich baut keinerlei Kontakt zu seinen Kollegen auf, was ich sehr schade finde, denn mir hat immer das gemeinschaftliche Ermitteln einer Truppe sehr gut gefallen, da sich aufgrund der verschiedenen Charaktere interessante zwischenmenschliche Dinge abspielen. Dies bleibt hier leider auf der Strecke. Dass alle anderen Ermittler zudem auch noch immer wieder mit ihrem vollen Namen aufgeführt werden, erweckte bei mir den Eindruck, als sei diese Figur entweder neu oder völlig unwichtig. Dies ist überaus schade. Ein weiterer kleiner Punkt, der mir nicht gefallen hat am Schreibstil des Autoren, ist, dass ein Satz die Handlung völlig unterbricht in dem er einen eigenen Absatz bildet und Zeit, Ort und Wetter zusammenfasst:

“Ein leichter Ostwind kam auf und kühlte die Luft unangenehm  ab. Es war neunzehn Uhr am Montag, dem 22. Juli 20123.” S. 123

Das an sich ist eigentlich kein so schlechtes Stilmittel, wenn man z.B. einen Wettlauf gegen die Zeit andeuten möchte, was hier zu keinem Zeitpunkt gegeben ist, da der Leser bereist weiß, was mit dem Mädchen passiert ist, nur nicht, wer es war. Außerem ist dieses Buch nicht in Kapitel aufgeteilt, sondern in Abschnitte, die nach Tagen gegliedert sind. Diese Abschnitte beginnen sogar mit einem ganz dicken Aufdruck des Datums. Und von Wetter wird im Text genug gesprochen. So kommt mir dieser zusammenfassende Satz sehr überflüssig vor, und da Frech dies mehrmals macht, war ich irgendwanm leicht genervt, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, belehrt worden zu sein, weil ich vergessen hätte, welches Datum wir haben und wie das Wetter ist…
Aber im Grunde sind dies nur Kleinigkeiten, denn wie gesagt, das Buch lässt sich prima lesen und auch der Hauptcharakter Kepplinger ist ein solider, sympathischer Mensch, der aufgrund seiner Vergangenheit beim SEK ein Päckchen mit bösen Erinnerungen mit sich herumträgt, was ihn interessanter macht. Dieser Einschub allerdings mit dem Marathonlauf, war für mein Empfinden überflüssig, da man ihn während der Ermittlungen weder beim Trainig erlebt hat, noch live mitbekommen hat, wie die Wette entstanden ist. Hier fehlt dem Autoren noch das sichere Händchen für Details.
Doch es gab auch Details, die mich persönlich sehr gefreut haben. So gibt es zahlreiche Bücher, bei denen immer mal wieder Liedtexte eingefügt werden, von Liedern die der Charakter – oder Autor – gerade im Radio hört oder selbst sehr schätzt. Meistens kenne ich diese kein Stück und komme mir dann blöd vor. Hier hat der Autor lediglich Textstellen gewählt, die ich kenne, da sie von meiner Lieblingsband stammen: Green Day. Mein persönliches Highlight.
Abschließend möchte ich noch einmal erwähnen, dass ich das Buch ausgewählt habe, da ich es interessant fand, ein Buch zu lesen, das von einem Polizisten geschrieben wurde. Hätte ich es nur nach dem Cover oder dem Titel aussuchen sollen wäre es bei mir glatt durchgefallen und niemals in meine Hände gekommen…

Fazit: Mit Hochsommermord hat Jochen Frech ein ordentliches Debüt hingelegt, dass sich sehr gut lesen lässt, da es spannend ist und zudem einen leicht zu lesenden Schreibstil hat. Allerdings fehlt Frech meiner Meinung nach noch ein wenig der Blick für die Details: So hätte ich mir mehr Kollegen-Interaktion gewünscht und auch, dass diese menschlicher sind. Hier kamen die Kollegen eher rüber wie Pappfiguren, die auch mitspielen dürfen. Doch der Hauptcharakter und die Handlung haben mir sehr gut gefallen, und ich würde mir wünschen, dass Frech und btb aus diesem Buch eine Krimiserie machen, so dass ich noch mehr davon zu lesen bekommen kann.