Rezension

Geschichte lebendig erzählt

Die Salbenmacherin und der Bettelknabe - Silvia Stolzenburg

Die Salbenmacherin und der Bettelknabe
von Silvia Stolzenburg

Bewertet mit 5 Sternen

Der 11-jährige Waisenknabe Jona findet seinen Weg von Bamberg nach Nürnberg verbunden mit der Hoffnung, hier das Glück zu finden. Er verdingt sich als Bettler und Taschendieb, wobei er leider recht bald ertappt wird und zur Strafe bei dem Bau einer neuen Mauer mithelfen soll. Dabei lernt er Casper kennen und freundet sich mit ihm an. Den beiden Jungen gelingt die Flucht aus der Zwangsunterkunft, geraten dann aber leider an eine Gemeinschaft mit anderen Jungen die Opfer von  seltsamen satanischen Ritualen werden.  Jona ist das so unheimlich, weshalb er alsbald die Füße in die Hand nimmt und sich in einem günstigen Augenblick davon macht. Laurenz, der sich auf die Suche nach dem Jungen machen soll, findet Jona und lässt ihn schwer verletzt in der Gosse liegen. Jona kann sich mit letzter Kraft in die Stadt schleppen, wo in Olivera  findet und sich um ihn kümmert. Bekommt Jona hier die Chance auf ein glückliches Leben?
Silvia Stolzenburg hat mit ihrem Buch „Die Salbenmacherin und der Bettelknabe“ den Folgeband ihres historischen Romans „Die Salbenmacherin“ vorgelegt. Der Schreibstil weiß durch eine flüssige und bildhafte Erzählweise zu fesseln, der Leser wird zum Schatten von Olivera und erlebt hautnah all ihre Gedanken, Gefühle und Eindrücke mit. Die Landschaftsbeschreibungen ebenso wie das tägliche Leben zur damaligen Zeit werden von der Autorin so real und detailliert beschrieben, dass man sich alles sehr gut vorstellen kann und einen guten Einblick erhält, wie es sich in diesem vergangenen Jahrhundert zugetragen haben könnte. Der Spannungsbogen wird mit dem Prolog gleich zu Beginn aufgebaut und steigert sich mit jedem Kapitel bis zum großen Finale. Dabei baut die Autorin auch unerwartete Wendungen ein, die den Leser zum Nachdenken und Schlüsse ziehen animieren. Die Geschichte bewegt sich auf zwei Handlungssträngen, der eine lässt den Leser am Leben und Wirken von Olivera teilhaben, der andere erzählt die Geschichte von Jona, bis beide Handlungen ineinander fließend übergehen.
Die Charaktere wurden sehr schön ausgearbeitet, die Autorin hat ihnen Ecken und Kanten verliehen wie im realen Leben, wodurch sie alle sehr authentisch und lebendig wirken. Dabei ist es ihr gelungen, die Guten und Bösen teilweise erst einmal zu verhüllen, erst nach und nach erkennt der Leser den wahren Charakter hinter der Fassade. Olivera ist eine sehr sympathische Frau, die sich der Heilkunst verschrieben hat. Sie hilft und unterstützt, wo sie nur kann, oftmals begibt sie sich dafür in große Gefahr, denn zur damaligen Zeit war man schnell als Hexe verschrien, wenn die Methoden dem Normalbürger unlauter erschienen. Auch diesmal gerät Olivera wieder in Schwierigkeiten, weil sie jemandem mit ihrem Wissen Unterstützung anbietet. Jona ist ein kleiner Junge, der schon viel erlebt hat und sich fortan allein durchs Leben schlagen muss. Durch Diebereien und Betteln versucht er, sich über Wasser zu halten und gerät doch immer wieder in Schwierigkeiten, weil er in den Augen der Menschen nichts wert ist. Dabei braucht er in seinem Alter eine familiäre Umgebung, in der er fürs Leben geformt wird. Laurenz ist schlicht die Boshaftigkeit auf zwei Beinen. Er hat hochtrabende Pläne für sich und geht dabei über Leichen. Ein Menschenleben ist ihm nichts wert, doch er wird auch von Rachegedanken geplagt, die ihn in seinem Tun immer wieder antreiben. Auch die anderen Protagonisten unterstützen mit ihren kleinen Episoden und Geschichten die Handlung des Romans, in dem es um Neid, Haß, Habgier, Rache und auch Liebe geht.