Rezension

Gesellschaftskritischer Krimi, gute Umsetzung

Die Verwahrten - Susanne Preusker

Die Verwahrten
von Susanne Preusker

Bewertet mit 5 Sternen

Der Kriminalroman „Die Verwahrten“ von Susanne Preusker ist im Krimythos Verlag erschienen und umfasst 295 Seiten. Die Umschlaggestaltung ist schlicht gehalten und wirkt daher durch die dunkle Farbgebung, die für mich symbolisch für eine düstere Perspektive von Strafgefangenen steht wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Eine simple brennende Glühbirne verstärkt diesen Eindruck noch. Der Titel steht in direktem Bezug zu dem Thema, das dieser Krimi in den Focus nimmt, die Sicherheitsverwahrung.

Peter Neugebauer erwacht in einem kahlen Raum ohne Fenster, ausgestattet nur mit einer Liege auf der sich ein Kissen und Decken befinden. Tisch, Stuhl, zwei Eimer, Klopapier, ein wenig zum Essen und Wasser zum Trinken, mehr gibt es in dem Raum nicht. Eigentlich war er gerade erst aus der Haft entlassen worden, die er wegen Vergewaltigung von drei jungen Mädchen abgesessen hat  und wollte per Bahn zu seiner Verlobten fahren, doch nun weiß er nicht wo er sich befindet. Jemand kommt, behandelt ihn verbal sehr grob, benennt ihn als Nummer und gibt ihm Verhaltensvorschriften. Doch Neugebauer lässt sich nicht hängen und wartet auf einen entscheidenden Fehlers seines Widersachers. So wie ihm ergeht es weiteren, gerade entlassenen Straftätern. Zunächst noch mit wenig Interesse wird das Verschwinden der Männer von Polizei und Justiz bemerkt, doch so mit und mit entwickelt sich der Fall zu einer politischen Angelegenheit. Strafgefangene verbünden sich und treten in Hungerstreik um eine Aufklärung zu verlangen und die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen. Handeln ist angesagt, doch das ist in Zeiten leerer Kassen und Personalmangels nicht so einfach.

Wenn man weiß, dass  die Autorin lange Jahre als Psychologin Straftäter in Justizvollzugsanstalten therapiert hat, wird diese so unglaublich erzählte Geschichte glaubhaft. Dieses Buch ist aus mehreren Sichten geschrieben. In die allgemeine Erzählung des Handlungsablaufs flechtet Susanne Preusker die Gedanken und Gefühle der „Aufbewahrten“ ein, die von einer unbekannten Person nach Haftentlassung festgesetzt wurden. Es gelingt ihr eine gefühlskalte Szenerie aufzubauen, die den Leser mitleiden lässt. Zentrales Thema ist die Sicherungsverwahrung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat hierzu entschieden, dass Sexualstraftäter, die ihre Strafe verbüßt haben, nicht im Nachhinein dazu verurteilt werden dürfen. Bis vor wenigen Jahren habe ich im Nachbarort eines Dorfs gewohnt, in dem ein ehemaliger Täter, bei dem laut Gutachten eine 80prozentige Rückfallwahrscheinlichkeit vorlag,  bei seinem Bruder Wohnung genommen hat. Durch den Landrat wurden die Bewohner gewarnt und eine 24 Stunden Observierung angeordnet, eineinhalb Jahre lang, bis diese Person durch den Druck der Öffentlichkeit sich selbst in Sicherheitsverwahrung begeben hat. Für die Ortsbewohner war stets die Frage im Raum, ob eine Gelegenheit einen Reiz darstellen und den früheren Täter wieder zu einer Tat veranlassen könnte. Einige der teilweise detaillierten, offenen, unverblümte Schilderungen im Buch erinnerten mich an dessen Straftat. Susanne Preusker schildert richtig die öffentliche Wahrnehmung als Drahtseilakt zwischen Menschlichkeit und Angst, die sich im Großen in der Fixierung in Erlassen und Gesetzen zum Thema wiederspiegeln. Eine Gerechtigkeit zu finden ist und bleibt schwierig. Die geschilderten Charaktere der Justiz könnten so tatsächlich existieren und agieren. „Die Verwahrten“ ist ein ganz besonderes Buch und kein schlichter Krimi. Das Ende des Buchs bietet noch ein paar Überraschungen, vor allem ein unerwarteter Täter, und lässt den Leser nachdenklich mit der Thematik zurück.