Rezension

Gestaltung top, Lektüre leider mau

Journeyman
von Fabian Sixtus Körner

Bewertet mit 3 Sternen

Gestalterisch ist dieses Buch top, aber die Lektüre selbst lässt für mich einiges zu wünschen übrig.

Inhalt

Journeyman - das ist Fabian Sixtus Körner, der mit 28 Jahren beschlossen hat auf eine weltweite Walz zu gehen. Das heißt, er bietet seine Arbeitskraft gegen Kost und Logis an. Sein Ziel: alle fünf Kontinente abklappern, was er in zwei Jahren auch geschafft hat. Sein Budget: knapp 255 Euro, als er Deutschland hinter sich lässt und sich auf seine erste Station nach Shanghai begibt. In diesem Sachbuch lässt er die Stationen seiner Reise Revue passieren und erzählt, was er so erlebt hat.

Meine ausführlichere Meinung

Ich lese sehr gerne Reiseberichte und war schon gespannt auf dieses Buch, da es recht vielversprechend klang. Die Idee, auf eine Art globale Walz zu gehen, fand ich sehr reizvoll. Auch das geringe Startkapital ließ mich aufhorchen und ich war besonders daran interessiert zu erfahren, wie der Autor mit den finanziellen Hürden sowie den kulturellen als auch bürokratischen Besonderheiten klar gekommen ist. Denn auf meinen eigenen Reisen bin ich selbst mal einem ultimativen Aussteiger begegnet, der bereits seit über drei Jahren durch die Welt reiste und sich von einem Job zum nächsten hangelte und mit dem ich mich lange darüber unterhalten habe.

Eventuell waren meine Erwartungen einfach die falschen, aber zu den Dingen, die mich brennend interessiert haben, erfuhr ich so gut wie gar nichts. Wie sieht es zum Beispiel mit einem (Arbeits)Visum aus? Gut, Körner hat zwar nur gegen Kost und Logis gearbeitet, aber auch das zählt in den meisten Ländern (sprich: USA) schon als Bezahlung. Dieser ganze Komplex fällt vollkommen unter den Tisch und lässt vermuten, dass er sich entweder nicht mit dem Thema auseinander gesetzt oder sich zumindest in einer sehr grauen Grauzone bewegt hat. Lediglich bei seinem Australienaufenthalt wird angedeutet, dass er ein Touristenvisum mit Arbeitserlaubnis hatte. Ich vermute einfach mal, dass es sich dabei um das Working-Holiday-Visa handelt, wobei sich bei mir allerdings gleich die nächste Frage auftut: wie sah es finanziell wirklich aus? Denn für dieses Visum muss man mindestens ~3.000 Dollar vorweisen können.

Überhaupt. Körner startet mit den knapp 255 Euro und betont immer wieder, dass er seine Arbeit nicht finanziell vergüten lässt, aber man hat ja auch andere Ausgaben. Das Thema Finanzen kommt lange Zeit nicht zur Sprache bis mal nach über der Hälfte des Buches nebenbei erwähnt wird, dass er wohl ein paar bezahlte Jobs für Kunden in Deutschland erledigt, die doch zumindest für einen regelmäßigen, wenn auch nicht übermäßig großen Geldeingang auf seinem Konto sorgen. Das ist ja auch völlig legitim, hätte aber meiner Meinung nach ruhig schon zu Anfang des Buches erwähnt werden können, sodass man sich als Leser nicht ständig fragen muss: wie macht er das eigentlich? Er müsste doch längst keinen Cent mehr haben! Für mich steht das Buch somit auch ein wenig unter einer falschen Prämisse, aber es hat ja funktioniert, ich habe es gelesen - insofern ist wohl das Irreführen der Leser gerechtfertigt.

Wie heißt es so schön? "Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen." Meiner Meinung nach müsste es aber heißen: "Wenn einer eine Reise tut, dann hat er was zu erzählen." - können muss er es nämlich noch lange nicht. Und das trifft auch auf Körner zu. Ohne Zweifel, er hat interessante Dinge erlebt, aber leider ist das Schreiben meiner Meinung nach keine seiner Stärken. Es hätte so ein spannendes und faszinierendes Buch sein können, aber meist war ich gelangweilt. Fairerweise muss ich zugeben, dass es zum Teil auch daran liegen könnte, dass ich andere Schwerpunkte gesetzt und von anderen Dingen berichtet hätte anstelle etwa der einen oder anderen Bettgeschichte meiner Ansicht nach übermäßig viel Platz einzuräumen. Aber zum größten Teil liegt es eben doch daran, dass ich mit seinem Schreibstil überhaupt nicht warm werden konnte.

Oder dass ich mit der Naivität, mit der er bestimmten Dingen begegnet ist, einfach nicht klar komme. Denn obwohl er ja in so unterschiedlichen Orten gewohnt hat, hatte ich nie den Eindruck, dass er seine Rolle als Tourist wirklich abgelegt oder sich intensiv darum bemüht hätte, eine andere Kultur wirklich kennen zu lernen. Das ist jetzt kein Vorwurf und es ist durchaus möglich, dass er dies durchaus getan hat, es eben im Buch nur anders in Erscheinung tritt. Es soll auch nicht in die Bewertung des Buches eingehen, sondern einfach nur ein Erklärungsversuch, warum ich mit dem Buch nicht warm geworden bin.

Für mich las es sich eben mehr wie ein paar etwas leicht überarbeitete Blogeinträge anstelle wie ein in sich schlüssiger Reisebericht. An vielen Stellen fehlen mir Informationen bzw. werden diese vorausgesetzt. Schade.
 

Hinweis: Gestaltung des Buches - mehr Material in QR-Codes

Zu loben ist allerdings die Gestaltung des Buches, die sehr ansprechend ist. Jede neue Reisestation wird mit einer Karte angekündigt und auch das Cover und die Umschlaginnenseite, die eine Weltkarte mit Körners verschiedenen Reisestationen zeigen, sind sehr schön.  Auch die Fotos, die zahlreich vorhanden sind, lockern das Ganze auf, geben Orten und Gesichtern einen Namen und sind wirklich gut.
 

Außerdem wird schon zu Beginn des Buches darauf hingewiesen, dass man weiteres Material wie etwa Videos dank eines QR-Codes ansehen kann (oder alternativ auf Körners Website.) Ich bin sehr dankbar dafür, dass man hier nicht - wie bei anderen Büchern, die ebenfalls auf dieses Element der Interaktivität zurückgreifen und die ich in diesem Jahr gelesen habe - auf eine eigene App zurückgreifen muss und dass man auch ohne Smartphone sich die Videos ansehen kann. Ich habe mir ein paar Videos angesehen und muss sagen, dass diese wirklich sehr gut gelungen sind und Körner ein ausgesprochen gutes Händchen für diese hat. Sein Talent liegt eindeutig hier und nicht im Verfassen von Texten.

Fazit

Dank der Gestaltung und der sehenswerten Videos bekommt das Buch noch drei Sterne von mir; für die eigentliche Lektüre sind es leider nur zwei. Denn normalerweise fesseln mich Reiseberichte und ich kann für mich nach deren Lektüre behaupten, dass ich etwas Neues gelernt oder zumindest etwas aus dem Buch für mich mitnehmen konnte. Das ist hier leider nicht der Fall. Doch Geschmäcker sind verschieden, darum soll sich jeder selbst eine Meinung bilden.