Rezension

Glück hinein, Unglück hinaus

Nächte zwischen der Zeit -

Nächte zwischen der Zeit
von Christoph Frühwirth

Bewertet mit 4 Sternen

»Die zwölf Raunächte gelten als geschenkte Zeit. Als Auszeit. Während sich das alltägliche Leben mit einer Wiese vergleichen lässt … verbinde ich die Zeit der Raunächte mit dem Wald. Dieser birgt totes Gehölz in sich. Und viel von dem, was wir mit Mystik verbinden.«

Mit der Advents- und Weihnachtszeit verbinde ich sehr viel. Meine Beziehung zu den Raunächten ist hingegen bislang rein theoretischer Natur, sie haben in meiner Welt einfach keinen Platz. Wenn ich mir das Buch so durchlese, finde ich das im Grunde schade.

 

Die zwölf Raunächte sind die zwischen Heiligabend und dem Dreikönigstag. Ich kenne sie als die Zeit „zwischen den Jahren“. Wenn ich die Möglichkeit habe, nehme ich da gerne Urlaub, um das Jahr ruhig ausklingen zu lassen. Im vom Autor beschriebenen ländlichen Teil von Oberösterreich gibt es wohl noch viel aktiv gelebtes altes Brauchtum. Der Autor hat für das Buch Beiträge aus zwölf verschiedenen Orten gesammelt, mit verschiedenen Menschen gesprochen, die Erzählungen, Märchen, Briefe und persönliche Erlebnisse einbringen.

 

Staunend lese ich über das Räuchern, das Schutz vor Unheil oder auch einen Blick in die Zukunft bringen soll. Detailliert werden verschiedene Räuchermischungen zu bestimmten Nächten (Thomasnacht, Heiligabend, Silvester, Dreikönigsnacht) vorgestellt und es gibt ein „kleines Räucher-Einmaleins“ für die korrekte Durchführung. Ich lese über skurrile Bräuche in der Thomasnacht und über die Gestalten der Wilden Jagd. Letzteres fand ich besonders interessant, weil mir die Perchten immer mal wieder als Begriff begegnet sind und ich jetzt erstmalig genaue Infos zu jeder einzelnen Gestalt erhalten habe. Auf die Details zur Zerlegung und Verarbeitung eines frisch geschlachteten Schweins hätte ich allerdings verzichten können.

 

Immer wieder kehrt der Autor zu der Frage zurück, was altes Brauchtum heute bedeutet. Und er lädt dazu ein, die Zeit der Raunächte für Besinnung zu nutzen, eine Auszeit vom Alltag zu nehmen, zur Ruhe zu kommen. Ein höchst erstrebenswerter Gedanke, gerade in der heutigen Zeit. Für die Durchführung schlägt er vor, ein Tagebuch zu führen. Im Buch finden sich zwischen den Kapiteln vorbereitete leere Seiten mit je einem gedanklichen Anstoß. Da steht dann z.B. »Welche Kleinigkeiten bedeuten mir im Leben Großes?« oder »Wofür habe ich mir heute Zeit genommen?« Dieses Niederschreiben von Gedanken, vielleicht kombiniert mit einer Kerze und einem leckeren Tee, könnte schon beim Abschalten helfen. Ein Versuch ist es jedenfalls wert.

 

Viele stimmungsvolle Bilder ergänzen die Texte, dazu gibt es einige thematisch passende Rezepte. Interessant fand ich zum Beispiel die Brauchtumsbrote, von denen ich noch nie zuvor gehört hatte. Aber ohnehin empfand ich das geschilderte Brauchtum als höchst exotisch. Die Anregung zur Besinnung ist eine gute, die greife ich gerne auf. Aber die anderen Dinge… Ich wüsste nicht, wie ich etwas davon in meinem Alltag nachahmen sollte. Wenn ich mir allein vorstelle, was die Rauchmelder in unserem 13-Parteien-Haus machen würden, wenn ich versuchte, alle Räume gründlich auszuräuchern…

 

Fazit: Sehr interessant und geradezu exotisch, aber mit wertvollen Anregungen.