Rezension

Glücksgriff für historisch Interessierte

Die Eingeborenen machten keinen besonders günstigen Eindruck - Franz Ferdinand von Österreich-Este

"Die Eingeborenen machten keinen besonders günstigen Eindruck"
von Franz F. von Österreich-Este

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine gelungene Auswahl aus dem Reisetagebuch von Franz Ferdinands großer Weltreise, welches durch entsprechende Fotos und Fußnoten sowie kurze Kapitel das Lesen zu einem interessanten, unterhaltsamen, aber auch lehrreichen Vergnügen macht.

Inhalt
Die meisten kennen Franz Ferdinand von Österreich-Este wohl "nur" wegen seines Todes - das Attentat auf ihn war schließlich der Auslöser für den 1. Weltkrieg.

Der österreichisches Thronfolger war aber auch passionierter Jäger und Reisender. Während seiner Reise um die Welt hat er Tagebuch geführt und knapp 2000 Seiten gefüllt. Aus diesen hat nun Franz Gerbert eine Auswahl getroffen, mit Fotos versehen und dieses Buch veröffentlicht.

Ich empfehle auf jeden Fall das Vorwort nicht zu überspringen, da der Herausgeber hier noch mal ein paar Hintergrundinfos liefert.
 

Meine ausführlichere Meinung
Das Buch ist wirklich gelungen. Die altmodische Sprache wurde beibehalten, unbekannte Begriffe oder Orte werden netterweise in einer Fußnote am Seitenende erklärt. Hier werden auch Erläuterungen gegeben, falls notwendig.

Auch wenn es am Anfang für den ein oder anderen vielleicht ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, findet man sich doch schnell in Franz Ferdinands Sprache und Schreibstil ein. Erstaunlich ist, dass dieser wirklich ein gelungener Beobachter ist. Das Reisetagebuch ist also keine trockene Lektüre. Jedoch sollte man darauf gefasst sein, dass das Töten von Tieren einen großen Teil des Buches einnimmt - schließlich ist anzunehmen, dass Franz Ferdinand mit über 274,000 (!) erlegten Tieren den Weltrekord einhält.

Die Kapitel sind kurz und können bei Bedarf auch einzeln, also nicht chronologisch, gelesen werden. Man erfährt wirklich viel über das Leben und vor allen Dingen die Sichtweise eines Europäers Ende des 19. Jahrhunderts. Vieles erscheint einem heute unglaublich und auch rassistisch, aber gerade diese Vorurteile, die Franz Ferdinand fremden Kulturen und Religionen gegenüber hatte, tragen doch dazu bei, dass das Buch mehr als einfach nur trockene Lektüre ist. Man lernt erstaunlich viel. So wusste ich zum Beispiel nicht, dass Koalas damals als "Australische Bären" bezeichnet wurden.

Ein kleiner Wermutstropfen war für mich die Tatsache, dass es in dem Buch keine Weltkarte gab, in welche die diversen Stationen Franz Ferdinands eingezeichnet sind. Das könnte man ja aber vielleicht in der nächsten Auflage noch nachholen. :)

Fazit
Das Buch hat mir sehr gut gefallen und war ein wahrer Glücksgriff. Wahrscheinlich hätte ich es in der Buchhandlung erst mal nicht in die Hand genommen, aber ich kann es wirklich nur uneingeschränkt jedem empfehlen, der auch nur annähernd gerne Reiseberichte liest und sich für Geschichte interessiert.