Rezension

Grandioses Verwirrspiel

Schwarze Liebe, Schwarzes Meer - Zülfü Livaneli

Schwarze Liebe, Schwarzes Meer
von Zülfü Livaneli

Bewertet mit 5 Sternen

Ein sonderbarer Mensch ist dieser Ahmet. Menschenscheuer Frührentner, ursprünglich aus Istanbul, wohnt er zwischen Bergen von Büchern in einem kleinen Ort am schwarzen Meer. Er kann Berührungen anderer Menschen nicht ertragen, muss in seinen Büchern nachlesen wie man kondoliert und holt sich seine Streicheleinheiten von einem „Liebling“ genannten Umarmungsstuhl, den er selbst konstruiert hat. 

Dann geschieht in seinem Wohnort ein brutaler Mord. Seine Bekannte Arzu, unerträglich schön und durch Heirat auch reich, wird erstochen in ihren Haus aufgefunden. Natürlich sind die Medien sofort zur Stelle. Mit ihnen auch die junge Jounalistin Pelin. Pelin ist zu Ohren gekommen, dass Arzu mit Ahmet gut bekannt war. Sie erhofft sich von Ahmet weitergehende Informationen, zumal Ahmet kurz vor dem Mord noch bei dieser  Zuhause war. Sie klingelt hartnäckig und ausdauernd an Ahmets Tür, bis er sie endlich hereinlässt. Auf ihre journalistischen Fragen zum Geschehen reagiert Ahmet mit diversen spekulativen Szenarien, die er der  Literatur entnommen hat bis er in diesem Zusammenhang auch auf seinen Zwillingsbruder Mehmet und dessen tragischer Liebesgeschichte zu sprechen kommt.       Pelins Neugier ist geweckt. Der Mordfall wird zur Nebensache. Interessant ist für sie nur noch Mehmets Geschichte. Und so entspinnt sich eine Geschichte wie wir     sie auch zwischen Schahrayâr und Sheherazade aus tausendundeiner Nacht kennen. 

Auch bei diesem Roman Livanelis findet man wie gewohnt viele philosphische Ansätze. Dieser aber ist deutlich weniger gesellschaftskritisch wie seine Vorgänger „Serenade für Nadja“ oder „Glückseligkeit“. Was vielleicht dem Umstand geschuldet ist, das sich die Türkei zur Zeit seiner Entstehung (2013) in einer relativen Ruhephase befand. Man darf gespannt sein, wie sein aktuelles Werk „Unruhe“ ausfällt.                        „Schwarze Liebe, schwarzes Meer“ halte ich für ein grandioses Verwirrspiel und einen ungeheuer spannenden Kriminalroman der jedem zu empfehlen ist, der gerne geistreiche Kriminalromane liest.