Rezension

Gute Ideen, mangelhafte Beschreibungen

Der unrechte Wanderer - Michael Marcus Thurner

Der unrechte Wanderer
von Michael Marcus Thurner

Bewertet mit 2 Sternen

"Der unrechte Wanderer" ist der zweite Fantasyroman aus der Feder von Michael M. Thurner, der sich als Autor der Heftserien Perry Rhodan, Atlan und Maddrax einen Namen gemacht hat. Außerdem hat der Wiener auch schon zwei SciFi-Romanegeschrieben, die beide im Heyne-Verlag erschienen sind. (Mein Interview mit Michael M. Thurner findet ihr hier: http://bibliothekvonimre.blogspot.de/2015/05/interview-michael-m-thurner.html.)

Worum geht es?

"Der unrechte Wanderer" ist in der selben Welt angesiedelt wie auch schon Thurners erster Fantasyroman "Der Gottbettler". Die Welt in der beide Romane spielen ist eine sehr magische. Das soll aber nicht bedeuten, dass sie schön oder idyllisch ist, sondern primär dass Magie eine wichtige Rolle spielt. Die Welt selbst ist eher dreckig, schmutzig und, wenn man das Wort im Zusammenhang mit einer magischen Fantasy-Welt überhaupt gebrauchen darf, realistisch. Genau wie im irdischen Mittelalter ist auch das Leben in der hier geschilderten Welt für die einfache Bevölkerung kein Zuckerschlecken.Verschlimmert wird die Situation aber noch durch die Magie. Magier und Hexen bekämpfen einander und stören sich nicht daran, wenn Unbeteiligte zu Schaden kommen. Besonders schlimm tobt dieser Kampf innerhalb der Treibgierde. Bei dieser handelt es sich um ein seltsames Gebilde, das man am ehesten mit dem Wort Zeitblase umschreiben könnte. Normalerweise gelangt nichts in die Treibgierde hinein oder aus ihr heraus. Wenn doch einmal etwas hinauskommt, wird es teuer gehandelt.Eines Tages "fällt" ein Mann aus der Treibgierde hinaus. Da Eldar sich zunächst nicht an viel mehr als seinen Namen erinnert, ist er den (selten) mehr oder (häufiger) weniger hilfsbereiten Menschen, auf die er trifft, ausgeliefert. Im Laufe der Geschichte trifft er auf Fischer, Huren, Magier, Hexen und manch andere Gestalt. Aber er lernt nicht nur Neues kennen, sondern er erinnert sich auch nach und nach an mehr aus seiner Vergangenheit. In dem gleichen Maße wie sein Gedächtnis zurückkehrt, reift in ihm ein Plan. Aber auch alle um ihn herum haben ihre eigenen Pläne.

Was hat mir gut gefallen?

Im Grunde haben mir zwei Dinge gut gefallen. Zum einen hat mir die Art und Weise gefallen, wie der Leser den Protagonisten Eldar kennen lernt. Die Entwicklung vom hilflosen Mann, der sich an nichts erinnert zum selbstbewussten (Anti)Helden ist spannend zu verfolgen. Außerdem hat mir die Welt gefallen. Sie ist schmutzig und vor allem glaubhaft. Thurner beschreibst viel Außergewöhnliches: Die Kontertürme der Magier und die aus Bäumen und Wurzeln bestehende Stadt Torhaven sind nur zwei Beispiel. Damit sind wir aber leider auch beim großen Minuspunkt des Buches.

Was hat mir nicht gefallen?

Thurner hatte viele interessante Ideen. Leider beschreibt er die wenigsten davon gut genug, damit der Leser sie sich vorstellen könnte. Am Anfang kommt zum Beispiel ein Wesen namens Malekufte vor und die Beschreibung des Wesens beschränkt sich darauf, dass es tierähnlich ist. Wenig später kommen Musen und Gobelias vor. Keine Ahnung wie ich mir die vorstellen soll. Leider geht es das ganze Buch über so weiter. Ich vermute,das Problem liegt darin begründet, dass Thurner vieles schon in der Gottbettler beschrieben hat und als bekannt voraussetzt. Da "Der unrechte Wanderer" aber kein zweiter Band sein soll, darf man das einfach nicht machen.
Ein weiterer Minuspunkt ist aus meiner Sicht die Sprache. Zum einen ist sie anfangs sehr vulgär. Wer sich an Ausdrücken wie "Arschloch" oder "ficken" stört, ist hier eindeutig fehl am Platz. Ich habe mit so etwas grundsätzlich kein Problem aber es muss halt zur Szene, der Stimmung und so weiter passen. Das ist hier aus meiner Sicht nicht immer der Fall. Zum Glück legt sich dieses Problem nach dem ersten Drittel. Ansonsten ist das sprachliche Niveau OK. Echte Fehler gibt es - und das ist mittlerweile ja leider nicht selbstverständlich - zum Glück nur sehr wenige. Für den Stil wird das Buch aber bestimmt keinen Blumentopf gewinnen. Den sprachlichen Tiefpunkt erreicht es meines Erachtens in diesem Satz: "Es war schrecklich still im Herzen dieses schrecklichen Sumpfes." (S. 435)

Und was ist mit dem Klappentext?

Oh - mein - Gott! Lest bloß nicht den Klappentext! Inhaltlich ist dieser zwar im wesentlichen korrekt, allerdings verrät er einiges, das der Leser eigentlich erst im letzten Drittel des Buches erfährt.

Fazit

Obwohl Thurner vieles richtig macht (glaubhafte Welt, unvorhersehbare Handlung,...), hat mir das Lesen fast gar keine Freude bereitet und das lag daran, dass kaum etwas vernünftig beschrieben wurde und ich mir daher kaum etwas vorstellen konnte. Von daher komme ich leider zu folgendem Urteil.

Wertung: 2/5 Sternen

Dazu möchte ich allerdings anmerken, dass ich mir gut vorstellen kann, dass man das Buch wesentlich besser findet, wenn man vorher "Der Gottbettler" gelesen hat und sich vieles besser vorstellen kann. Wohl möglich, dass das Urteil dann 4/5 Sternen lauten würde.