Rezension

Guter Erfahrungsbericht, könnte emotionaler sein

Der 47. Puzzlestein
von Carola Seifert

Bewertet mit 4 Sternen

Das Buch:
Das Buch ist ein Taschenbuch aus dem Lumpacius Verlag. Hier wird besonders auf unweltfreundliche Herstellung geachtet. Nach dem Lesen sieht das Buch aus wie neu (ich binde meine Taschenbücher alle vor dem Lesen in Buchfolie ein - wie es sonst aussieht, kann ich nicht beurteilen). Keine Knicke oder Leserillen - so sieht es auch im Regal super aus - oder kann neuwertig weitergegeben oder getauscht werden. Das Papier ist ausreichend dick und glatt und kann gut geblättert werden.

Die Autorin:
Die Autorin ist auch gleichzeitig Leiterin des Verlages, in dem dieses Buch erschienen ist und beschreibt die Erlebnisse mit ihrem Down - Syndrom Sohn Felix (das 4. Kind der Familie) von der Schwangerschaft bis zum Schuleintritt. Die Familie lebt in Bayern am Land.

Der Inhalt:
Der Inhalt ist, mit 218 Seiten recht knapp, mit Monat, Jahr und Wochentag versehen, in Kapitel gegliedert. Das Buch beginnt mit der "Diagnose" der Schwangerschaft, den Untersuchungen und dem generellen Stimmungsbild der Familie.
Nach der Geburt wird dann festgestellt, dass der Sohn an Trisomie 21 leidet - das erklärt die Mutter dem nur ein paar Jahre älteren Sohn damit, dass Felix statt 46 Puzzlesteinen 47 hat -und sich daher anders verhält und langsamer entwickelt.

Im Buch kommt nur die Mutter zu Wort, die Einstellung anderer Personen kann man nur an ihrer Schilderung erahnen. Ich finde es schade, dass sich die anderen Familenmitglieder nicht zumindest mit einem ein- bis fünfseitigen Gastkommentar gemeldet haben, wie es ihnen mit Felix ergeht und kurz ihre Gefühle und Einstellungen darlegen können.

Dadurch werde ich weder mit der "Oma" von Felix noch mit der Schwester warm. Es kommt in dem Buch so rüber, als hätte Carola Seifert den ganzen Tag mit Felix zu managen - und wenn überhaupt mal wer hilft, dann mit der Betreuung des nicht behinderten Bruders. Der älteste Sohn der Familie war nicht im Haus, daher hat man aus den ersten Jahren aus dieser Brüderbeziehung nichts zu lesen bekommen.

Ich finde die Mutterrolle schwierig, überhaupt, wenn man zu "integrativen" Einrichtungen kommt, die gar keine "Integrationskinder" aufnehmen wollen, weil diese ihnen zu anstrengend sind. Da kommt mir einfach das Grausen, denn Kinder mit Down - Syndrom sind wahnsinnig fröhlich und "nur" sehr langsam in ihrer Entwicklung, was ja gerade im Elementarbereich kein Problem darstellen dürfte.

Die Beschreibung des Alltags hat mir gut gefallen, auch das Aufzeigen der diversen Grenzen und Stolpersteine, daher ein ganz tolles Buch für Personen wie mich, die mit Menschen mit diesem Chromosomenüberschuss beruflich zu tun haben und sich die private Situation nur schwer vorstellen können.

Was mir aber fehlt, sind starke Emotionen die herüberkommen. Immer, wenn es in einem Kapitel begann, emotional zu werden, folgte gleich das nächste komplett unterschiedliche Thema. In diesem Bereich hätte ich gerne mehr erfahren, auch, wenn der Erfahrungsbericht spannend war.

Ich wäre auch gespannt, wie sich Felix verhält, wenn er rein körperlich die Pubertät erreich - und was sich dann verändert.