Rezension

Guter Fantasyroman mit ein paar kleinen Schwächen

Dorn - Thilo Corzilius

Dorn
von Thilo Corzilius

"Stattdessen stellte sie eine andere Frage. Wie schicksalsbehaftet diese war, konnte ich allerdings nicht erahnen: 'Kannst du mich beschützen?'" (S.38)

Inhalt: Der Kontinent Dorn ist bevölkert von allerlei unterschiedlichen Wesen: Den Elben, den Menschen, Orks und Riesen. Die Menschen im Ehernen Reich unterstehen strengen politischen Ordnungen, mit denen sie bis dato eigentlich zufrieden waren. Auch Deckard von Falkenberg, Markgraf, hält sich daran und tut alles, um seinen Untertanen ein gutes Leben zu bieten. Als König Hroth stirbt, wird der Graf samt allen anderen Markgrafen zum Konklave in die Hauptstadt berufen. Davor allerdings macht er drei schicksalhafte Begegnungen, von denen eine alles, was er bisher kannte, auf den Kopf stellen wird: Lia, das Elbenmädchen, kommt in der Stunde höchster Not zu ihm, in ihrem Rucksack etwas, das die ganze Welt verändern kann. 

Sprache & Aufbau: Auf sprachlicher Ebene konnte mich der Autor nicht immer zu 100% überzeugen. Vor allem am Anfang hatte ich ab und zu stellenweise das Gefühl, einen Satz dreimal lesen zu müssen, bis ich ihn verstanden habe. Mit der Zeit ist das aber - wie gesagt, von meiner Sicht aus - besser geworden und ich habe mich gut hineingefunden. Was mir auffällt, ist, dass der Autor oftmals versucht, "neue" Arten der Satzstruktur und / oder Wortwahl auszuprobieren. Das wiederum finde ich ziemlich interessant. Aufgebaut ist das Werk in drei Akte; darunter in Kapitel sowie kleinen Unterbrechungen. Der Wirtsjunge Hinck bekommt eine Geschichte erzählt (die von Graf Deckard, beschrieben in Ich-Form), und immer mal wieder wechselt das Erzählte in diese Zeit zurück (sog. "Interludium"), meist allerdings geht die Geschichte voran. 

Persönliche Meinung: Nun, das ist diesmal nicht so einfach. Ich mochte das Buch an sich, es ist eine schön erzählte Geschichte, die vor allem zum Ende hin unerwartete Wendungen bekommt. Auch sprachlich habe ich kaum etwas zu meckern. An einigen Stellen hat das Erzählte direkt meine Gefühle berührt, wie ein Finger auf dem Herz. Aber es gibt Dinge, meist viele kleine, die sich summieren, die dem Buch - für mich - den letzten Stern rauben. Einer der größten davon ist die wahnsinnige Informationsfülle, mit der der Leser immer wieder bombardiert wird. Man erfährt so gut wie die komplette Geschichte des Reiches. Dafür brauchen andere High-Fantasy Bücher meist einen ganzen Vorgeschichtsband bzw. mehr als 500 Seiten, hier ist alles (Handlung, Geschichte, Info) aber auf 400 Seiten komprimiert. Das hat mich vor allem am Anfang etwas belastet und meinen Lesefluss gehemmt, wurde aber besser, sobald man sich ein bisschen ausgekannt hat. Ein weiterer, aber kleinerer Kritikpunkt sind für mich ein paar der Charaktere. Zu meinem Leidwesen konnte ich mir Linus besser vorstellen und nachvollziehen als Lia, die einen ja eigentlich das ganze Buch begleitet. Auch Ellyn von Gamar und Lemander sind für mich irgendwie "Hintergrundprotagonisten" geblieben, die ich vielleicht äußerlich, aber innerlich nicht wirklich zu 100% beschreiben kann. Nicht, dass die Figuren nur oberflächlich wären, aber der Funke ist einfach nicht auf mich übergesprungen. Mit Deckard selbst wurde ich dann aber schnell warm. Zeitweilen hat er auf mich etwas "überperfekt" gewirkt, das hat sich dann aber schnell wieder gelegt und von der Schiffszene an war er für mich menschlich. Noch dazu kam der schnelle Schlagabtausch der Ereignisse - man hatte gar nicht richtig Zeit, alles zu verdauen, bis das nächste Chaos anstand. Wie man sieht, lauter Kleinigkeiten, die sich aber summieren.Fazit: Ein tolles Buch. Ich bereue nicht, es gelesen zu haben! Für High-Fantasy-Fans, die der ewigen Einleseseiten abdrüssig geworden sind, hier, bitte sehr! :) 4/5 für eine tolle Story!