Rezension

Guter historischer Kriminalroman

Wer das Schweigen bricht - Mechtild Borrmann

Wer das Schweigen bricht
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 4 Sternen

Spurensuche in der Vergangenheit

„Wenn man jung ist, ahnt man nicht, dass Liebe auch bleibt, wenn der andere fort ist. Wie ein Phantomschmerz. Und dann ist dieser Schmerz wie ein Ring. Er hat kein Ende.“

Inhalt

Für Robert Lubisch ist es lediglich ein Akt der Sentimentalität und Neugier, als er im Nachlass seines Vaters das Foto einer jungen Frau entdeckt und den SS-Ausweis eines Unbekannten und beschließt, herauszufinden, in welcher Verbindung die Fundstücke mit dem Leben seines Vaters standen. Er nimmt Kontakt mit Rita Albers auf, sie ist es, die jetzt in dem Haus wohnt, in dem die vergangene Geschichte anscheinend ihren Ursprung nahm und zufälligerweise arbeitet sie als Journalistin, die voller Interesse und gegen den Willen von Robert eigene Recherchen betreibt. Als sie ihn zurückruft und darum bittet, die mögliche Offenbarung publik zu machen, sollten sich ihre Vermutungen bestätigen, zieht sich Robert aus der Sache zurück, denn in der Öffentlichkeit möchte er keine brisanten Details aus dem Leben seines Vaters erörtern, der selbst ein erfolgreicher Geschäftsmann war und nun vielleicht doch keine blütenreine Weste mehr haben sollte. Wenig später wird Rita ermordet und Robert muss der Sache nachgehen, um herauszufinden, was die Reporterin entdeckt haben könnte, was ihr letztlich zum tödlichen Verhängnis wurde … 

Meinung

Nachdem mich die zeitgenössischen Romane der deutschen Schriftstellerin Mechtild Borrmann absolut überzeugen konnten, habe ich mir vorgenommen nun auch ihre Kriminalromane kennenzulernen. Mit diesem hier gelang es ihr, den Deutschen Krimi Preis 2012 zu bekommen. Immer wieder ansprechend ist ihr ganz typischer Mix zwischen einer Vergangenheitshandlung, die eigentlich in Vergessenheit geraten ist und der Gegenwartshandlung, die Wahrheiten ans Licht bringt, die nicht allen gefallen. Sowohl die erzählerische Dichte als auch die Spannungsmomente sind dominant und man kann als Leser wunderbar die Verbindung herstellen zwischen dem, was war und dem was nun in einer großen Welle auf die Beteiligten zurollt. 

Dadurch, dass sich die Passagen abwechseln und sich das Gesamtbild erst nach und nach zusammensetzt hat man auch den unbedingten Wunsch möglichst schnell den Fortgang der Handlung kennenzulernen. Minimale Schönheitsfehler möchte ich hier dennoch anführen, denn „Wer das Schweigen bricht“ ist meines Erachtens nicht das beste Buch der Autorin. Zunächst hätte ich mir hier in erster Linie ein intensiveres Verhältnis zu den Protagonisten gewünscht, die trotz einer bewegenden Geschichte sehr distanziert und zurückhaltend wirken. Auch die innere Beteiligung an den Beweggründen damals und den Schuldgefühlen in der heutigen Zeit, wurde mir zu oberflächlich dargestellt. Irgendwie fehlt es diesem Buch an Herzblut, so dass es mich nicht ganz packen konnte, obwohl die Lektüre rein schriftstellerisch betrachtet wieder voll und ganz meinen Lesegeschmack treffen konnte. Gerne hätte ich mehr erfahren und wäre auch in die Tiefe der Erzählung eingedrungen, doch dazu hat der Krimi vielleicht ein paar Seiten zu wenig im Umfang. Die Gegenwartshandlung rund um Robert Lubisch und der geschehene Mord konnten mich nur mäßig inspirieren, weil die Abhandlung auch hier an der Oberfläche bleibt und die Ermittlungen der Polizei fast willkürlich erscheinen.

Fazit

Hier vergebe ich 4 Lesesterne, denn ich bin großer Fan der Autorin und ihrer Geschichten, deren Kernhandlung mich auch hier sofort und unmittelbar angesprochen hat. Allerdings bleibt noch Luft nach oben und ich empfehle diesen Krimi deshalb eher jenen Lesern, die schon andere Bücher von Mechtild Borrmann kennen. Insgesamt ein solider Kriminalroman, der vor dem Hintergrund der Verbrechen des Faschismus angelegt ist und zeigt, wie brüchig die Familiengeschichte sein kann, wenn sie nur auf Lügen basiert, die noch dazu bis in die jüngste Zeit hinein reichen. Sehr gerne widme ich mich nun dem nächsten Buch von Mechtild Borrmann, und erschließe mir eine weitere fesselnde Geschichte.