Rezension

Gutes Thema, mittelmäßig umgesetzt.

Liebe sich, wer kann -

Liebe sich, wer kann
von Annette Mierswa

Bewertet mit 3 Sternen

"Liebe sich, wer kann", ist anders als der Titel vermuten lässt, keine zuckersüße Liebesgeschichte, sondern in erster Linie ein Jugendroman zum Thema Mental Health.

Und leider muss ich sagen, dass mir die Umsetzung nur so semigut gefallen hat.

Jakob ist ein absoluter Außenseiter, sowohl in der Schule, als auch in der eigenen Familie. Für seinen Vater ist er ein Schlappschwanz, für seine Brüder immer ein passendes Opfer. Nur zur Mutter hat er ein sehr gutes und enges Verhältnis. Lotti dagegen scheint bei all ihren Mitschüler:innen und vor allem bei den Jungs beliebt zu sein und wirkt auf den ersten Blick wie das genaue Gegenteil von Jakob.

Der ist also völlig überrascht, als ausgerechnet Lotti auf ihn zukommt und ihn bittet, mit ihr auf eine Wanderung zu gehen. Jakob ist zunächst hin- und hergerissen, dreht und wendet sämtliche Situationen in seinem Kopf, bevor er schließlich zusagt.

Doch diese Wanderung zu einem Château, um das Lotti ein absolutes Geheimnis macht, wird anders als erwartet, denn beide werden hier mit ihren psychischen Problemen konfrontiert.

Ansich fand ich die Idee wirklich schön, doch die Umsetzung hatte für meinen persönlichen Geschmack einige Lücken. Annette Mierswa schickt ihre beiden Protagonisten auf eine Reise, die sie vor allem psychisch fordern wird, aber bei der sie auch auf jede Menge interessante und manchmal durchgeknallte Figuren treffen. Außerdem vermittelt sie ihren Leser:innen die Botschaft, dass Niemand perfekt sein muss und dass das Perfekte oftmals im Unperfekten liegt.

Das kam gut rüber und wird bei den Leser:innen auch sicher ankommen. Mir war das aber etwas zu wenig für ein solches Thema, denn besonders Jakobs Panikattacken und seine Angststörung verlaufen irgendwie so nebenher. Ja, er wächst durchaus über sich hinaus, aber seine Probleme packt er nicht an der Wurzel. Stattdessen werden sie nur angerissen oder äußern sich eben in seinen Gedankenspiralen.

Lotti ist ihm da schon einen deutlichen Schritt voraus, weil sie ihre Probleme klar benennen kann und versucht sie anzugehen. Aber auch hier wars mir ein bisschen zu wenig. Hier hätte ich mir eine bessere Ausarbeitung des Themas gewünscht und vor allem für Jakob gute Lösungsansätze. Stattdessen hätte ich lieber auf Themen wie den Klimaschutz, auch wenn ich da eine absolute Befürworterin bin, verzichtet. Nach nem Selbstversorgercamp gabs direkt noch ne Begegnung mit Strickrebellen, die sich in Bäumen verschanzen. Coole Idee, aber ich hätte mehr Fokus auf Mental Health begrüßt.

Und besonders am Ende wäre vielleicht ein Epilog noch ganz schön gewesen, denn Jakob wird zwar mutiger, offener und ein bisschen selbstbewusster, aber als Leser:in erfährt man leider nicht, ob er Lottis Beispiel folgt und seine Ängste auch professionell angeht oder ob es am Ende tatsächlich damit getan ist, dass er einfach mal das Meer sieht.

So what, man kann nicht jedes Buch zu 100% mögen. Jugendlichen Leser:innen wird es aufgrund des Abenteuers und der sich zart anbahnenden Lovestory sicher gefallen.