Rezension

Hamburgs Schicksalsnacht von 1962

Als der Sturm kam -

Als der Sturm kam
von Anja Marschall

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zum Inhalt:
16./17. Februar 1962. Marion Klinger wohnt in einer Laubenkolonie in Hamburg-Wilhelmsburg zusammen mit ihrer bettlägerigen Mutter. Der Sturm Vincinette hat sich angekündigt und da Marion nicht schlafen kann, kehrt sie um 23.00 Uhr ins Polizeihaus, in dem sie als Schreibkraft arbeitet, zurück. Während die Hamburger friedlich in ihren Betten schlummern, beginnen die Deiche zu brechen und eine Flutkatastrophe nimmt ihren Lauf. Während man zunächst unkoordiniert versucht, der Lage Herr zu werden, übernimmt der noch junge und neue Polizeisenator Helmut Schmidt die Koordination; da seine Sekretärin nicht da ist, besetzt Marion Klinger die Position, um ihn zu unterstützen. Bei all dem muss sie ihre eigenen Sorgen um ihre Mutter und ihre Nachbarn unterdrücken, denn ihr Zuhause liegt genau in dem Überschwemmungsgebiet.
100.000 vom Wasser eingeschlossene Menschen, 15.000 Helfer, 315 Tote: Die Hamburger Sturmflut von 1962 war für die Hansestadt die größte Katastrophe der Nachkriegszeit.
 

Meine Meinung:
Das Cover trifft das Zeitgeschehen gut. Mein Blick fiel deshalb auf dieses Buch, weil ich einmal eine Dokumentation darüber gesehen habe und ich war neugierig, wie die Autorin Anja Marschall diese Flutkatastrophe in ihrem Buch umsetzt. In kurzen Kapiteln, vermerkt mit Datum und Uhrzeit, konnte ich den Ablauf der Katastrophe verfolgen.
Historische Fakten, Ereignisse und Personen harmonierten wunderbar mit den fiktiven Protagonisten. Die sympathische Hauptfigur Marion meistert ihre neuen Aufgaben beeindruckend. Berührende Schicksale und Begebenheiten werden an fiktiven Personen anschaulich beschrieben, die man abwechselnd ein Stück begleitet und so einen realistischen Blick auf die verschiedenen Perspektiven erhält. Ich hatte regelrecht das Gefühl, mit diesen Figuren ums Überleben zu kämpfen, zu bangen und zu trauern, darüber hinaus bewunderte ich, wie Menschen in größter Not über sich selbst hinauswachsen. Viele vollbrachten Heldenhaftes, ohne an ihr eigenes Wohlergehen zu denken. Helmut Schmidts Rolle als Krisenmanager während der Sturmflut wurde authentisch, mit Originalzitaten, integriert und ich hatte geradezu Schmidts Stimme im Ohr, die ich aus Dokumentationen kannte.
Das Buch erinnert daran, wie schnell eine Katastrophe passieren kann und dies nicht nur 1962; das sieht man ja an dem Jahrhunderthochwasser im Ahrtal.
 

Fazit:
Bewegender und gut recherchierter, historischer Roman über die Flutkatastrophe in Hamburg.