Rezension

Hat immer noch nich gezündet

Der verwaiste Thron 2 - Claudia Kern

Der verwaiste Thron 2
von Claudia Kern

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Geschichte aus dem ersten Teil wird hier sogleich aufgenommen und fortgesetzt. Ana ist weiterhin auf der Reise nach Westfall und gerät in die Fänge einer Bande von Sklavenhändlerinnen, die sie verschleppen, doch dann erkennen diese, dass sie Ana Somerstorm gefangen haben…Gerit verlässt das Nachtschattenheer und mogelt sich durch. Craymorus kann seinen Plan in die Tat umsetzten, da die Fürstin sich nicht gegen die Heirat sträubt. Wenn ich mir nun Gedanken um den Inhalt des Buches mache, wird mir eines klar: Irgendwie sind mir die Protagonisten immer weniger sympathisch. Gerit macht im Verlauf des Buches den Eindruck auf mich, dass er dabei ist, seinen Verstand zu verlieren. Auch sonst sind seine Handlungen für mich schlecht nachvollziehbar. Ana jedoch entwickelt sich noch schlimmer. Spätestens als sie beginnt auf ihre Tarnidentität zu verzichten und die Fürstentochter heraushängen lässt, wurde sie mir unsympathischer. Zwar nicht so stark, dass ich das Buch abbrechen würde, doch es wird deutlich, dass der Leser Ana im Grunde nicht wirklich kennt. Auch Schwarzklaue ist zwar ein interessanter Charakter, doch die Schilderungen aus seiner Sicht waren mehr irritierend als förderlich. Mir ist es mit der Zeit immer schwerer gefallen, der Geschichte zu folgen. Dies führte zu folgendem Problem:
In den verschiedenen Perspektiven werden Verknüpfungspunkte angedeutet, die eigentlich deutlicher hervorgehoben werden sollten. So hatte ich stets das Gefühl nicht jedes Detail verstanden zu haben und irgendwie nicht auf der Höhe der Handlung zu sein. Wer will grad wohin und wer hält sich gerade in der Nähe auf. Besonders ist mir dies mit der Bastardtochter der Fürstin aufgefallen: Den Zusammenhang habe ich so gar nicht begriffen. Was ich jedoch als wirklich gravierend empfunden habe, ist der Umstand, dass ich die Wege der Protagonisten trotz Karte nicht nachvollziehen konnte. Wer weiß, vielleicht habe ich beim Lesen ja auch geschlafen, aber mir ist bei manchen Charakteren nicht ganz klar gewesen, wieso sie auf einmal auf der anderen Seite vom großen Fluss waren, obwohl das Ziel klar Westfall hieß…
Gegen Ende allerdings hat das Buch an Fahrt aufgenommen und das Ende war ein typischer Cliffhanger, bei dem man am liebsten den nächsten Teil sofort in die Hand nehmen würde.
Ich bin mir nach der Lektüre des zweiten Buches immer noch uneins mit mir, was ich nun wirklich davon halten soll. Einerseits ist auch dieses Buch wirklich gut geschrieben, die verschiedenen Erzählstränge sind nicht nur gut voneinander getrennt, so dass man beim Lesen nicht den Überblick verliert, sondern haben dennoch eine „deutliche“ Verbindung zueinander. Dies macht das Buch trotz Mehrperspektivität im Grunde zu einem guten Gesamtpaket. Der Schreibstil ist technisch einwandfrei und hält die Waage zwischen Ausführlichkeit und Fortschritt der Geschichte. Doch irgendwie ist der Funke bei mir nicht ganz übergesprungen. Auch dieses Buch ist zwar nicht wirklich spannend geschrieben, dennoch passieren sehr wohl spannende Dinge und es liest sich daher sehr gut weg. Dennoch fehlt mir nach wie vor irgendetwas, das ich nicht benennen kann. Vielleicht mag es auch einfach daran liegen, dass das Buch bei den verschiedenen Perspektiven einfach zu kurz ist und man so immer noch keine wirklich intensive Verbindung aufbauen konnte, doch mittlerweile glaube ich nicht, dass der letzte Band da noch viel herausholen kann. Aufgrund des Endes dieses Buches, werde ich den abschließenden Band auch noch lesen, vielleicht schafft er es ja doch noch einen schönen Abschluss für diese durchwachsene Trilogie zu schaffen.

Fazit: Verrat hat im Gegensatz zu Sturm etwas nachgelassen. Mir war es zeitweise nicht möglich die Verbindungen zwischen den Perspektiven zu erfassen und auch die räumlichen Bewegungen sind mir trotz Karte nicht deutlich geworden. Dies hat das Lesevergnügen nun deutlich geschmälert. Das mag nun entweder am Schreibstil der Autorin oder an meiner Unkonzentriertheit liegen – wobei letzters meist durch ersteres verursacht wird. Letztendlich kann ich gar nicht sagen, woran es ganau liegt, dass bei mir der Funke nicht übergesprungen ist (undurchsichtige Charaktere, geringe Seitenzahl…), ich habe jedoch schon bessere Fantasy gelesen – wobei ich hier ganz klar noch einmal betonen möchte: Das Buch ist alles andere als schlecht, es fehlt nur das gewisse Etwas…