Rezension

Hat mir gut gefallen

A Man's Job -

A Man's Job
von Edith Anderson

Bewertet mit 5 Sternen

Dieser interessante Roman ist bereits 1956 erstmals erschienen und nun in neuer Übersetzung verlegt worden.

 

Worum geht’s?

 

In ihrem Debütroman schildert Edith Anderson (1915-1999) den Arbeitskampf von amerikanischen Bahnangestellten. Es ist eine bedrückende, realistische Geschichte einer Gruppe von Frauen, die während des Zweiten Weltkrieges an der amerikanischen Ostküste die Arbeit der eingerückten Männer übernehmen (müssen). Die Autorin weiß, worüber sie schreibt, da sie eine von ihnen war. Zwischen 1943 und 1947 hat sie als Schaffnerin bei der Pennsylvania Railroad gearbeitet.

 

Wenn aktuell über Streiks der Deutschen Bahn gesprochen und gelesen wird, so haben solche Bahnstreiks lange Tradition. Dieses Buch liefert einen Einblick in historische Miseren, in denen es nicht ausschließlich um höhere Gehälter ging, sondern um die systematische Benachteiligung von Frauen und Sexismus als Spielart des Kapitalismus.

 

Anspruch auf einen regulären Dienstplan hatte die Angestellten erst nach einigen Jahren als Beschäftigte, mit der sogenannten Seniorität. Diese wurden Frauen, nachdem sie von vornherein nur für die Kriegsdauer eingestellt worden waren, vorenthalten. Die mehr als ambivalente Haltung der männlichen Vorgesetzen zeigt sich auch darin, dass sie einerseits behaupteten, Frauen könnten die anstrengende Arbeit körperlich und psychisch nicht bewältigen (Schichten, die bis zu 16 Stunden dauerten, ohne sich waschen zu können, waren keine Seltenheit), andererseits teilten sie ihnen für gewöhnlich die aufreibenden Strecken zu, während sie den Männern die guten Strecken zuschanzten. Dazu kamen die stetige sexuell-aggressiven Sprüche, die die Schaffnerinnen über sich ergehen lassen mussten. Manchmal blieb es nicht bei blöden Anmache.

 

Selbstbewusste Frauen hat man als gesellschaftliche Bedrohung angesehen hat. Nur vor schwarzen US-Amerikaner hatte man noch mehr Angst, wie das folgende Zitat zeigt:

 

„Ihr Hirngespinst, dass Horden von Frauen die Bahn übernahmen, wurde von dem weit beängstigerenderen Hirngespinst anstürmender Schwarzer verdrängt.“

 

Da hat man doch lieber Frauen angestellt, die man nach der Rückkehr der Männer sofort wieder entlassen konnte, denn nur die Seniorität bot so etwas wie einen Schutz vor allzu willkürlichen Kündigungen. Die aber hatte man den Frauen ja verwehrt. Ein wahrer Teufelskreis!

 

Biografisches zur Autorin:

 

Edith Anderson (1915-1999) ist als Tochter eines jüdischen Ehepaars in New York City zu Welt gekommen, macht eine Ausbildung zur Lehrerin und tritt 1938 der amerikanischen kommunistischen Partei bei und schreibt für eine kommunistische Tageszeitung. Ein eher ungewöhnlicher Schritt in den USA. Sie setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen, vor allem für die Frauen, ein. 

 

In zweiter Ehe ist sie mit dem deutschen Journalisten Max Schröder (1900-1958) verheiratet, der aus Nazi-Deutschland fliehen musste. Als Max Schröder nach Kriegsende in das besiegt und zerstörte Deutschland zurückkehrt und als Lektor beim Aufbau-Verlag arbeitet, folgt sie ihm nach Ost-Berlin.

 

Fazit:

 

Dieses Buch, das einen interessanten Einblick die amerikanische (Arbeits)Welt während des Zweiten Weltkrieges und kurz danach gibt, erhält von mir 5 Sterne.