Rezension

Hatte mehr erwartet

Paradiessucher - Rena Dumont

Paradiessucher
von Rena Dumont

Bewertet mit 3 Sternen

Tschechoslowakei, 1986. Lenka ist fast 17 und träumt seit Jahren davon, mit ihrer Mutter in den goldenen Westen zu flüchten. Schauspielerin will sie werden und Jeans und modische Tops kaufen. Überhaupt ist Deutschland ja das Paradies schlechthin, wenn man den West-Zeitschriften glauben darf.

 

Und dann ist es endlich so weit. Lenka und ihre Mutter Nadja erhalten ein Visum für einen zweiwöchigen Urlaub in Deutschland. Sie haben nicht vor, wieder zurückzukehren, wollen in Deutschland Asyl beantragen. Doch ganz leicht fällt der Entschluss nicht, müssen sie doch Familie, Freund und beste Freundin zurücklassen, ebenso ihr ganzes Hab und Gut. Rena Dumont schildert sehr glaubhaft die Zweifel, die die beiden immer wieder überfallen, ob sie das Richtige tun, ob sie nicht doch lieber wieder umkehren und sich mit dem gewohnten Leben in der Tschechoslowakei zufriedengeben sollen. Besonders Lenka motiviert ihre Mutter immer wieder, an dem gefassten Plan festzuhalten, obwohl sie ihren Freund Pavel schon kurz nach der Grenze schmerzlich vermisst. Doch die Verlockungen des Westens sind stärker. So lassen die beiden ihr bisheriges Leben hinter sich „… in der Hoffnung, etwas zu finden, was eigentlich völlig unwesentlich ist…“ (S. 222) Doch bis zu dieser harten Erkenntnis ist es ein weiter, schmerzvoller Weg.

 

Mit einem Augenzwinkern beschreibt Dumont die Schwierigkeiten der beiden Tschechinnen. Des Deutschen gar nicht mächtig, schlagen sie sich mit Händen und Füßen durch, erobern sich ihren Platz im Asylantenlager und warten über Monate auf die Einladung zum „Verhör“, das klären soll, ob sie Asyl bekommen oder abgeschoben werden.

 

Erzählt wird in Ich-Form aus der Perspektive von Lenka in einer frischen, jugendlichen Sprache, die angenehm zu lesen ist. Leider bleibt aufgrund der Jugend doch die Tiefe der Protagonisten und der Geschehnisse etwas auf der Strecke. Auch die Gefühle der Protagonisten kamen aufgrund der relativ emotionslosen Sprache nicht bei mir an. Es wurde zwar viel geweint und auch erzählt, warum. Aber es konnte mich wenig berühren. Ich fand es zwar gut, dass auch die normalen Alltagsprobleme von Jugendlichen, wie Schule, Freunde und Pickel zur Sprache kommen. Doch haben mich zwei Dinge beim Inhalt gestört. Lenka scheint ständig mit dem Erstbesten ins Bett zu gehen, obwohl sie Sex gar nicht als schön empfindet. Und die Darstellung der Asylbewerber bestätigt die Vorurteile, die hier viele Menschen ihnen gegenüber haben. Denn Lenka und ihre Mutter begehen regelmäßig Ladendiebstähle im großen Stil. Dabei fürchten sie zwar Entdeckung durch die Polizei, sind sich aber eigentlich keines Unrechts bewusst, was man selbst von einer 17-Jährigen doch schon erwarten könnte.

 

Insgesamt hat das Buch daher bei mir gemischte Gefühle hinterlassen.