Rezension

Herrlich! Einfach nur herrlich!

Großmama packt aus -

Großmama packt aus
von Irene Dische

Bewertet mit 4 Sternen

„Dass meine Enkeltochter so schwierig ist, hängt vor allem mit Carls geringer Spermiendichte zusammen“ (Beginn der Geschichte auf Seite 5) „ Es sieht tatsächlich so aus, als seien die schlechten Eigenschaften, die sich mit der Zeit in der Familie zusammengebraut und fortgepflanzt haben, am Ende allesamt bei ihr (der Autorin) gelandet.“

Irene Dische lässt ihre Großmutter die Familienbiografie erzählen. Skrupellos nimmt die feine Dame, die sich von einem Juden heiraten ließ, nachdem er zum katholischen Glauben konvertiert war, kein Blatt vor den Mund. Obwohl das Leben für die Familie im Dritten Reich wahrlich nicht leicht war, sorgt der heitere Erzählstil dafür, dass ich das Buch mit einem Lächeln auf dem Gesicht verschlag. Jedes einzelne Familienmitglied wird kritisch unter die Lupe genommen, nicht ohne darauf hinzuweisen: „Darüber später mehr“. Großmama tritt Vorurteile breit und erzählt schnörkellos vom Lebensstil der besseren Gesellschaft. Ehemann Carl, der Chirurg war, wanderte nach Amerika aus, als das Leben in Europa gefährlich wurde. Die Familie folgte ihm später nach. Mit viel Ironie wird hier die Geschichte lebendig, wie aus Deutschland Geflohene in Amerika Fuß gefasst haben.

Die Frau, die schon in jungen Jahren vom Sterben sprach, wurde über 90 Jahre alt und erzählt sogar noch ein paar Seiten nach ihrem Tod weiter. Vor allem zum Schluss gibt sie einige Lebensweisheiten von sich, denen ältere Menschen bestimmt zustimmen. Hier nur einige von ihnen, um die im Buch erzählte Tragikomödie zu vervollständigen:

    „Ihr jungen Leute! Freut Euch Eurer Jugend nicht zu früh, denn vor Euch liegt ein langer Weg voller Tücken, bis ihr die Herrlichkeit des Lebens des Lebens zuletzt erreicht.“

    „Der Geschlechterkampf tritt im mittleren Alter in seine wahrhaft heiße Phase. Männer und Frauen mittleren Alters haben Angst voreinander. Die Frauen entdecken an ihren Männern und die Männer an ihren Frauen den Verfall, den sie an sich selbst nicht wahrhaben wollen.“

    „Glaubt nicht dem Gejammer (der über 70jährigen) über schmerzende Knochen. Es stimmt zwar, dass die Anzahl der Schmerzen pro Stunde und Quadratzentimeter der eigenen Körperoberfläche mit zunehmendem Alter ebenfalls ständig zunimmt, aber umgekehrt nimmt die Schmerzempfindlichkeit im gleichen Maße ab.“

    „Nach Siebzig bricht der Kampf zwischen den Geschlechtern plötzlich ab. Friedenszeit. Männer und Frauen werden einander immer ähnlicher, alle verlieren nun ihre Haare, und selbst die Brüste des Mannes baumeln nun schlaff herunter, während der Hintern der Frau so flach wird wie ein Pfannkuchen.“

Fazit: Dieses Buch erzählt teilweise sehr ausführlich, doch dank seines Humors ist es durchwegs sehr unterhaltsam. Ich habe die Lektüre genossen und stelle sie zu meinen Lieblingsbüchern. Schließlich will ich auch im Alter noch was zum Lachen haben!