Rezension

Herzzerreißend

Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt - Jesmyn Ward

Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt
von Jesmyn Ward

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch ist erstaunlich. Im Grunde passiert nicht besonders viel, trotzdem ist es fesselnd und sehr aufwühlend.

In Bois, Mississippi, ist es schwer, eine schwarz-weiße Familie zu sein. Michael und Leonie haben sich trotzdem gefunden, leben in den Tag hinein, betäuben die Probleme mit Drogen und lassen die Kinder bei den Großeltern.

Auch wenn Leonie selten die liebende Mutter ist, die Kinder will sie dabei haben, wenn sie Michael im Gefängnis abholt. Er hat seine Strafe auf der berüchtigten Parchment Farm abgeleistet. Es braucht nicht viel, um da zu landen, Leonies Vater war in seiner Jugend auch mal dort. Manchmal reicht es, schwarz zu sein, um verurteilt zu werden.

Ein Großteil des Buches erzählt von ihrer Autofahrt, die vier Menschen zwingt, ihre Rollen innerhalb der Familie auszufüllen, was sie alle nicht gewohnt sind. Unglaublich, wie spannend eine Autofahrt mit unfähigen Eltern sein kann, man bangt die ganze Zeit um die armen Kinder. Außerdem ist viel Raum für Gedanken und Erinnerungen.

Sehr geschickt wird hier eine dysfunktionale Familie analysiert, wobei trotz aller Probleme auch tiefe Zuneigung eine Rolle spielt, man versteht sogar die verpeilte Mutter irgendwie.

Es geht um eine schwierige Familie, die seit Generationen mit Rassismus konfrontiert ist und die Folgen zu spüren bekommt, es geht um Liebe, Schuld und die Geister der Vergangenheit, die manchmal einfach im Auto mitfahren.

Dieses Buch liest sich nicht leicht. Es erzählt eindringlich von großem Leid und tiefen Gefühlen, ist manchmal kaum auszuhalten, man wartet durch tiefstes Elend. Ich bin beeindruckt und mitgenommen.