Rezension

Highlight - Reise ins Herz der Finsternis

Stromland - Florian Wacker

Stromland
von Florian Wacker

~~Diesen Roman finde ich schlichtweg genial und er ist schon jetzt eines meiner Highlights 2018!

Um das Stromland im Amazonasgebiet ranken sich viele Geschichten und Mythen. Viele Abenteurer und Goldjäger haben hier über die Jahrhunderte schon ihr Glück versucht, die meisten davon sind gescheitert.

Brasilien im 18. Jahrhundert.  Flirrende Hitze mitten im Dschungel,  Affen kreischen, Kolibris flattern. Die Jesuiten, auch Schwarzröcke genannt, beginnen die indigenen Bewohner zu missionieren. Friedlich und mit einigem Erfolg. Bis wenig später bewaffnete Spanier und Portugiesen in den Dschungel eindringen und Besitzansprüche stellen. Schwitzend und halb irr von der Gier nach Gold, von Mücken zerstochen. Nun beginnt ein blutiger Kampf am Amazonas, der bis heute andauert.

"Der Urwald war lichtgetränkt, Schlingpflanzen und Farne wucherten, riesige gemaserte Blätter,  Blütenkelche, die Aasdüfte verbreiteten, winzige Fliegen setzten sich an ihre Lippen, in die Nasenlöcher. " Seite 131

Peru, 1984. Irina ist gemeinsam mit ihrem Freund auf der Suche nach ihrem Zwillingsbruder Thomas, der bei einem Filmdreh im Dschungel verschollen ist. Unerfahren und unter widrigsten Bedingungen geraten sie tief ins Herz der Finsternis, bewegen sich zunehmend an der Grenze zwischen Wahn und Realität, Erinnerung und Hoffnung. Zufällig treffen sie schließlich auf die Familie Wilhelmi deren Wurzeln im Dschungel bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Johann Wilhelmi war einer der ersten, die ihr Lager im peruanischen Urwald aufschlugen - und blieben.
Florian Wacker schlägt einen großen Bogen über drei Jahrhunderte und erzählt von der Verzweiflung und von der Einsamkeit, von Krankheiten und von den Abgründen menschlicher Hoffnungen und Sehnsüchte.

Die Handlung ist spannend und tiefgründig. Besonders beeindruckt hat mich an diesem Roman aber die Sprache. Denn die ist grandios. Detailreich, oft poetisch. Der Leser bekommt Bilder wie im Kino, bisweilen grausam, aber immer hautnah und eindringlich. Auf mehreren Zeitebenen, über drei Jahrhunderte, doch der Regenwald bleibt immer gleich unwirtlich,  hier gelten eigene Gesetze, die der Zivilisation sind außer Kraft gesetzt. Was passiert mit der Menschlichkeit fernab der Zivilisation? Wie weit gehen die Siedler, um ihr Leben in der Wildnis lebenswert zu gestalten und dem Regenwald Stück für Stück Land abzuringen?

"Aber der Fluss kennt unsere Namen,  der Wald kennt unsere Gesichter. Sie werden weinen, wie kleine Kinder vor Sehnsucht, und dann werden sie zu toben beginnen und alles tun, um uns zurückzuholen." Seite 283

Für mich ist dieser Roman die Entdeckung des Jahres. Ein anspruchsvoller und spannender Abenteurerroman, der viele existenzielle Fragen aufwirft. Fesselnd und grandios geschrieben. Sollte man gelesen haben!