Rezension

Historische Fantasy mit reichlich göttlichen Eingebungen

Schildmaid -

Schildmaid
von Judith C. Vogt

Bewertet mit 5 Sternen

Nordische Sagen sind aus heutiger Sicht schon mit reichlich Fantasy angereichert. Die Menschen sind Spielbälle der Götter, Naturgewalten beeinflussen den Alltag, Riesen und Monster wandeln auf Erden. In diesem historischen Umfeld entfaltet sich das Lied der Skaldin. Es beginnt mit dem Bau eines Langbootes, dem Versammeln einer zwanzigköpfigen weiblichen Mannschaft und endet in einer Reise mit göttlicher Mission. Dazwischen entwickelt sich eine epische, grausame, herzzerreißende und mystische Geschichte, die man unbedingt selber lesen sollte.

Eyvor beginnt in einem entlegenen Fjord ein Drachenboot zu bauen, nachdem sie von diesem geträumt hat. Der Bau des Schiffes dauert sieben Jahre. Währenddessen sammeln sich um sie immer mehr Frauen mit den unterschiedlichsten Talenten und Gründen, ihrem bisherigen Leben den Rücken zu kehren. Als das Schiff endlich samt blauem Segel fertiggestellt ist, muss es sich auch gleich als Fluchtschiff beweisen, da Herdis, ihr letzter Neuzugang, samt ihren Kindern vor ihrem mit Barbarenkräften ausgestattete Ehemann geflohen ist. Die Reise beginnt, man begibt sich auf Viking und sammelt erste Erfahrungen beim Plündern und Brandschatzen. Doch immer sitzt der Berserker, der Teil des siebten Langboots ist, ihnen im Nacken. Dies ändert sich auch nicht, als sie den göttlichen Auftrag erhalten, einen Eisriesen zu töten. Dabei müssen sie einen Teil ihrer Fraulichkeit opfern, um göttliche Unterstützung in Form von Krähen zu erhalten.
Wie man schon an der Zusammenfassung erkennen kann, taucht man als Lesender in eine völlig andere Welt ein, in der das menschliche Leben eher flüchtig ist. Die Geschlechterrollen sind klar verteilt und doch gibt es immer wieder Ausnahmen, die sich diesen gegebenen Umständen widersetzen. In dieser Geschichte sogar in zwanzigfacher Form. Jede hat ihren eigenen Grund dafür, zur Schildmaid zu werden und sich mit Kämpfen und Raubzügen durchs Leben zu schlagen. Dabei haben sie sich für den denkbar schwierigsten Weg nach Folkwang an Freya Tafel entschieden.
Die Geschichte hat mir hervorragend gefallen, die Charaktere sind toll, einmalig und bilden eine Einheit, der man eigentlich wünscht, dass ihr nicht zu viel Böses passieren wird. Umso mehr musste ich dann mit der Besatzung leiden, aber das Wikingerleben ist halt kein Zuckerschlecken. Die Männer scheinen durchgehend die Bösen zu sein, angefangen vom Ehemann zu Hause bis hin zu den höchsten Göttern. Etwas gewöhnungsbedürftig, wie allerdings zu erwarten, waren für mich die nordischen Begriffe, die mich immer mal wieder aus dem Lesefluss gerissen haben. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist, dass Eyvor gar nicht, wie ich es erwartet hatte, die Hauptrolle spielt. Stattdessen sieht man die Handlung oft auf Sicht der anderen Schildmaiden. Man wird also zum Teil des Teams.
Das Buch ist eine sehr gelungene Neuinterpretation nordischer Sagen. Frauen übernehmen die zentralen Rollen und können zeigen, dass sie ebenfalls im ewigen Kampf von Asen gegen Riesen mitmischen können. Es ist erfrischend, durch das Buch einen neuen Blick auf das damalige Leben zu werfen. Ich kann Schildmaid jedem empfehlen, der historische Fantasyromane liebt, mehr über die nordische Sagenwelt erfahren und einfach gerne mit einer Schiffsbesatzung mitleiden möchte, auf die das Abenteuer ihres Lebens wartet. Ein Buch, um in eine Zeit einzutauchen, in der Schildwall, Axt, Gemeinschaft, Langboot und Viking das Leben der Schildmaiden prägte.