Rezension

Historischer Mystery-Krimi

Das Flüstern der Seelen - Victoria Álvarez

Das Flüstern der Seelen
von Victoria Álvarez

Bewertet mit 4 Sternen

Ich muss sagen, anhand des Klappentextes waren meine Erwartungen sehr hoch. Ich freute mich auf einen Schauerroman aus dem viktorianischen England. Und besonders im ersten Teil wurden diese Erwartungen auch erfüllt.

Annabel lebt mit ihrem Onkel und ihrer Tante auf dem Friedhof Highgate. Seine Schwester hat das Mädchen seinerzeit zu ihnen gegeben, da sie selbst ihren Lebensunterhalt in White Chapel, dem schlimmsten Viertel Londons, als Prostituierte verdient. Eines Tages erscheint Annabel ihre Mutter als Geist, was nur eins bedeuten kann: Sie ist tot. Ermordet von Jack the Ripper? Jedenfalls lernt Annabel mit ihrer Gabe zu leben.
Als ihr Onkel erkennt, dass er mit Annabels Gabe ein Vermögen machen könnte, schenkt er ihr jede Menge Bücher und so lernt das Mädchen alles über ihre Fähigkeiten als Medium. Aber bei einer Sitzung geht etwas schief und Annabel muss schließlich mit ihrer Tante aus Highgate fliehen. Dabei hilft ihr ein geheimnisvoller Mann, der ihr seit dem nicht mehr aus dem Kopf geht.
Zehn Jahre später ist Annabel Lovelace zu einem gefragten Medium geworden. Es ist eine Zeit, in der Spirtismus angesagt ist und in der adeligen Gesellschaft fast zum guten Ton gehört. Sogar die Königin nimmt ihre Hilfe in Anspruch. Andererseits ist es auch gefährlich, denn nicht alle sehen die Tätigkeit eines Mediums gerne. Mancher Ehemann sieht so die Möglichkeit, seine unbequeme Frau zu entsorgen: Endstation Irrenhaus.
Und auch Scotland Yard beobachtet Annabels Tätigkeiten mit Beunruhigung, allen voran Chief Inspector Abberline, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, Jack the Ripper zu fassen und davon nahezu besessen ist. Durch seinen Mitarbeiter Nathan, den Annabel von einer früheren, unglücklichen Begegnung aus Highgate kennt, bittet er sie um Mithilfe, denn er ist überzeugt, dass der Ripper auch Rosalie Lovelace, Annabels Mutter, ermordet hat und sie daher an einer Aufklärung interessiert sein müsste.
Neben dieser Krimigeschichte gibt es auch die der Beziehung zum Geist von Lord Victor Rosenfield, dem geheimnisvollen Gentleman, der Annabel damals auf dem Friedhof half. Diese Geschichte nimmt ab dem zweiten Drittel den größten Teil des Romans ein, meiner Meinung nach schon fast ein wenig zu viel. 
Auch wenn alles gut durchdacht war, die Story spannend und schlüssig erzählt und sehr anschaulich. Man sieht die Straßen von London vor sich, hört die Kutschen über das Pflaster holpern, sieht die Menschen in der damaligen Kleidung und nimmt am Leben von Annabel teil. Durch die intensive Liebesgeschichte entstanden für mich ein paar Längen, aber zum Ende hin und als die Autorin auf die Lösung des Ganzen zusteuert, kommt wieder mehr Spannung auf.
Die tatsächliche Verbindung zwischen Annabel und Victor hinterlässt allerdings einen etwas faden Beigeschmack...auch wenn es damals eine andere Zeit war.

Insgesamt gibt es 4 von 5 Punkten, da ich mir etwas mehr Mystery und Geister und auch mehr von Annabels Gabe gewünscht hätte. Dafür hätte ich gerne auf etwas Romantik verzichtet. Aber das ist meine persönliche Meinung.