Rezension

Hochaktuell und brisant

Die Präsidentin - Randy Singer

Die Präsidentin
von Randy Singer

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ich schrieb dieses Buch im Jahre 2016, um diverse schwierige Fragen anzusprechen, die sich am Horizont abzeichneten. Steht der US – Präsident in der Außenpolitik über dem Gesetz? Darf die CIA Schattenkriege mit Drohnen und Spezialeinheiten in Ländern führen, denen die USA nicht den Krieg erklärt haben?...“

 

Mit diesen Sätzen beginnt das Vorwort des Buches. Es ist jedoch kein Sachbuch, sondern ein äußerst fesselnder und sehr brisanter Thriller. Das Besondere ist, dass zwar alle Personen fiktiv sind, aber ein großer Teil der beschriebenen Ereignisse der Realität entspricht.

Paige Chambers, eine junge Anwältin, hat Patrick Quillen kennengelernt. Die beiden ticken auf der gleichen Wellenlänge. Patrick ist Armeeangehöriger und Mitglied eines der SEAL – Teams. Sein nächster Einsatz steht kurz bevor. Beim letzten Treffen fragt er Paige, ob sie seine Frau werden will. Eigentlich ja, aber trotzdem bittet sie um Bedenkzeit.

Patrick und sein Team werden in den Jemen geflogen, um dort zwei Geißeln zu befreien. Sie werden alle das Land nicht mehr lebend verlassen.

Kurz nach der Beerdigung werden Paige Dokumente zugespielt, die belegen, dass Verantwortliche wussten, dass der Einsatz zum Scheitern verurteilt ist. Wusste es auch die Präsidentin? Warum hat sie von den drei möglichen Reden nur diejenige mit persönlichen Bemerkungen versehen, die sie im Falle des Misslingens der Mission halten musste?

Paige und Wyatt, ein Rechtsanwalt, reichen im Auftrag von Kristen, deren Mann zu den Toten gehört, Klage beim amerikanischen Gericht ein. Wird ihr stattgegeben werden?

Der Schriftstil ist sehr abwechslungsreich. Er passt sich perfekt den Gegebenheiten an. Zur Handlung möchte ich nicht allzu viel schreiben. Dafür möchte anhand weniger Zitate auf die Brisanz der Geschichte aufmerksam machen.

Einer der Drohnenpiloten, der für die Ausschaltung der Rebellen aus der Ferne verantwortlich war, sagt von sich:

 

„...Er war Richter, Jury und Henker in einer Person...“

 

Psychisch kommt er an seine Grenzen. Alkohol ist das Mittel der Wahl. Später wird er noch andere Konsequenzen ziehen.

 

Kilpatrick, Stabschef der Präsidentin, äußert in Gedanken:

„...Sie alle hatten ihre Geheimnisse, ihre Leichen im Keller. Man kam nicht nach ganz oben, wenn man immer auf Nummer sicher ging...“

 

Lügen, Verschweigen, Betrügen, Manipulieren sind die Mittel der Wahl. Keiner traut den anderen. Menschenleben spielen indem Gedanken der Mächtigen nicht wirklich eine Rolle. Dazu passen auch die Worte des CIA – Chefs Marcano:

 

„...Zwei Leute können immer ein Geheimnis für sich behalten – solange einer von ihnen tot ist...“

 

Neben der politischen Dimension – und die illegalen Einsätze amerikanischer Drohnen in Jemen zum Töten missliebiger Personen sind Realität – kommen auch persönliche Befindlichkeiten nicht zu kurz. Paige macht sich Vorwürfe, dass sie Patricks Antrag nicht angenommen hat. Es sind bewegende Szenen, wenn sich Paige an Patrick erinnert und aus dieser Erinnerung heraus zu einem besonderen Gebet findet. Deutlich werden die Folgen des Geschehens auch bei Kristen und ihren zwei kleinen Jungen. Die vermissen ihren Vater schmerzlich.

Einer der beeindruckendsten Protagonisten ist für mich Patricks Großvater Bill. Er hat mit dem Enkelsohn seinen letzten Verwandten verloren. Trotzdem ist er tief verwurzelt im Glauben. Sein Gebet zur Beisetzung der Gefallenen ist voller Demut:

 

„...Einen Augenblick lang zitterte seine Stimme […], doch dann räusperte er sich und bat Gott, seinem Land zu helfen, seine Macht für Gerechtigkeit und nicht für Rache einzusetzen, damit sein Volk nicht Böses mit Bösem vergalt, sondern das Böse mit Gutem überwand...“

 

Zu dem Zeitpunkt ahnte er noch nicht, welche Lügen sich hinter dem Tod seines Enkels verbargen. Das hätte aber an seiner Einstellung nichts geändert. Er kann allerdings auch ganz schön sarkastisch werden. Von Paige gefragt, warum er das Gebet sprechen soll, antwortet er:

 

„...Wenn Sie mich fragen, haben die wahrscheinlich einfach Probleme gehabt, in dieser Stadt jemand zu finden, der beten kann...“

 

Eine Personenliste und die Danksagung des Autors ergänzen die Handlung.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es wirft ein Schlaglicht auf die Unwägbarkeiten amerikanischer Außenpolitik. Menschen werden zu Spielbällen der Macht.