Rezension

Hochaktuelles Thema - spannend aufgearbeitet

Argentinisches Roulette - Georg Schattney

Argentinisches Roulette
von Georg Schattney

Bewertet mit 4 Sternen

„...So ist das Geschäft...Wo es brennt, billig einkaufen. Wo es blüht, teuer verkaufen..."

 

Wir schreiben den 7. September 1998. Das Omega-Team, bestehend aus Wolfgang Willarth, Fjodor Kerenin, Mascha Ivanova und Suki Kwak, wähnt sich auf dem Gipfel der Hochfinanz. Doch dieser Tag bringt ihnen die Niederlage. Sie haben hoch gepokert und verloren.

Im Jahre 2000 haben es alle vier erneut zu hohen Positionen geschafft. Dann aber platzt die Internetblase.

Nach dem 11. September 2001 gibt es für sie einen dritten Neuanfang. Der IWF stellt sie als Team ein. Vor diesem Tag muss es Insiderinformationen gegeben haben. Ihre Nachforschungen führen sie zu Fred Tantani, der eine hohe Position im IWF innehat und sich in Argentinien befindet.

Der Autor hat einen beeindruckenden Roman über die Welt der Hochfinanz geschrieben.

So international wie die Menschen, die die Finanzen der Welt in der Hand halten, so international sind die Protagonisten.

Fjodor stammt aus Usbekistan und ist Jude. Er ist der Portfolio-Stratege, aber auch sehr anfällig für mystische Themen. Mischa ist Russin und sehr ehrgeizig. Suki, Zahlengenie und Computerexpertin, stammt aus Asien. Wolfgang ist Deutscher. Laut unbestätigten Informationen könnte er der illegitime Sohn von Jim Morrison sein, dem Sänger der Doors. Wolfgang ist derjenige, der die Geschichte erzählt.

Ihr Gegenspieler ist Tantani, der einst der Begleiter von Morrison war und weit in der Welt herumgekommen ist.

Das Buch lässt sich gut lesen, verlangt aber die Bereitschaft, sich in die Grundbegriffe der Finanzwirtschaft einzudenken. Die Handlung könnte man in zwei Abschnitte einteilen. Im ersten Teil begleite ich als Leser die Protagonisten im Auf und Ab der Finanzwirtschaft. Im zweiten Teil steht die Staatspleite von Argentinien im Mittelpunkt. In einem spannenden Szenarium werden nicht nur die Vorgeschichte, sondern auch detailliert die letzten Stunden vor der Entscheidung dargestellt.

Der Schriftstil des Buches ist dem Thema angemessen. Der Autor versteht es, die komplizierte Materie allgemeinverständlich und lebendig wiederzugeben. Gut gefallen haben mir die vielfältigen Vergleiche. So werden Parallelen gezogen zwischen Finanzwesen und Physik und Investmentfonds zu Segelschiffen in Beziehung gesetzt. An vielen Stellen findet der interessierte Leser eine Bewertung der Weltwirtschaft. Der IWF kommt weniger gut im Buch weg. Seine Fehlentscheidungen und seine Abkehr von den Wurzeln werden kritisch hinterfragt. Menschen sind in der Welt der Hochfinanz nur Spieler auf einem Schachbrett und jeder Zeit zu ersetzen.

Eine besondere Rolle spielen die Doors und ihre Musik. Jedes Kapitel beginnt mit einem Vers aus ihren Liedern. Gleichzeitig kommt mit ihnen ein mystisches Element in die Handlung.

Das Buch enthält eine Menge an interessanten Informationen. Dazu gehört unter anderen ein Einblick in argentinische Geschichte und Hinweise auf den Einfluss von Geheimdiensten. Immer wieder ist spürbar, dass der Autor sehr genau weiß, worüber er schreibt.

Jeder Kapitelanfang ist mit Datum und Handlungsort versehen.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat eine schwierige Materie verständlich dargestellt und trotzdem einen hohen Spannungsbogen aufgewiesen. Die mystischen Teile haben mich weniger interessiert, aber das kann man durchaus anders sehen. Die Geschichte hat mich nachdenklich zurückgelassen, nachdenklich darüber, wohin unsere Welt steuert, wenn die Hochfinanz weiter unkontrolliert das Ruder in der Hand hält.