Rezension

Hochinteressant und äußerst wertvoll

Erste Hilfe für die Seele - Angélique Mundt

Erste Hilfe für die Seele
von Angélique Mundt

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt

Kein Einsatz ist Routine. Kein Schicksal ist wie das andere. Wer hilft, wenn das Leben plötzlich auseinanderbricht? Wenn man gerade den liebsten Menschen verloren hat? Oder bei einem Unfall Schreckliches erlebt hat?

Angélique Mundt ist Psychologin und arbeitet für das Kriseninterventionsteam Hamburg. Sie steht Menschen unmittelbar nach einer Katastrophe zur Seite, spendet Ruhe, Kraft und Orientierung. Sie leistet Erste Hilfe für die Seele. Und vor allem macht sie vor, wie Hilfe in den schlimmsten Momenten unseres Lebens möglich ist.

Meine Meinung

Angélique Mundt lässt den Leser einen bewegenden und oft auch aufwühlenden Blick auf ihren Alltag im Kriseninterventionsteam in Hamburg werfen. Die Hauptthemen sind das Überbringen von Todesnachrichten, das Abschniednehmen von geliebten Toten, Einsätze mit Kindern und die Betreuung von Angehörigen, deren geliebte Menschen Suizid begangen haben. Neben der Schwere dieser Fälle spürt man beim Lesen förmlich mit welch großer Empathie Frau Mundt auf die Menschen zugeht und ihnen mit Menschlichkeit und viel Herz in den schwersten Stunden ihres Lebens beisteht.
Am Ende eines jeden Kapitels gibt es jeweils einen kurzen Exkurs zu dessen Schwerpunktthema. Ich habe in diesen Exkursen viele für mich äußerst wertvolle Informationen erhalten, z. B. wie man sich selbst verhalten sollte, wenn man auf Menschen trifft, die gerade eine furchtbare Nachricht erhalten haben oder gerade einen schlimmen Todesfall verkraften müssen.
Frau Mundt spricht zudem sehr ehrlich über ihre eigenen Gefühle, die sie bei Einsätzen überkommen und beschreibt beeindruckend, dass sie durch diese oft erschütternden Todesfälle niemals die Liebe zum Leben und ihren Mitmenschen verliert, sondern gerade durch das Angesicht des Todes, Demut gegenüber dem Leben empfindet.

Fazit

Ich würde es jedem ans Herz legen, dieses Buch zu lesen, denn es gibt einem nicht nur Einblicke in die herausfordernde Arbeit im Kriseninterventionsteam, sondern beschreibt mit sehr einfühlsamen Worten, wie jeder Einzelne mehr Menschlichkeit in die Welt bringen kann und wie wichtig es ist, eigene Gefühle zuzulassen, die Anderer zu akzeptieren, ohne ihnen einzureden, sie müssen sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten.
Auch macht das Buch einem deutlich, dass wir im Bezug auf Menschlichkeit alle gefragt sind - wir müssen nicht alle in Kriseninterventionsteams arbeiten, aber allein schon kleine Gesten können den Alltag eines anderen Menschen aufhellen und ihm zeigen, dass er und seine Gefühle wahrgenommen werden.

Zum Abschluss möchte ich noch eine Textpassage zitieren, die mich - neben vielen anderen - sehr berührt hat:

"Was kann ich ihr Tröstliches sagen
Nichts.
Es gibt keinen Trost für sie. Vielleicht etwas Unterstützung. Ich halte nicht nur die Verzweiflung der Frau, sondern auch meine eigene Hilflosigkeit aus. Ich ertrage das Schweigen und die nicht versiegenden Tränen.
Es ist auszuhalten.
Man kann helfen, die Last zu tragen.
Ohne die "richtigen" Worte.
Mit dem Herzen und der Hand."