Rezension

Hochspannung bis zum Schluss

Die stille Braut - Barbara Wendelken

Die stille Braut
von Barbara Wendelken

Bewertet mit 5 Sternen

Oberkommissarin Nola van Heerden wird nach Martinsfehn gerufen. Am Kreihenmeer wurde eine junge tote Frau gefunden. Sie liegt aufgebahrt da, begrenzt von dunklen Blütenblättern. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um Leona Sieverding handelt. Sie gilt seit vier Jahren als verschwunden. Sie war in einem Internat für Kinder mit Hörbehinderung. Die Obduktion zeigt, dass Leona an einem unbehandelten Blinddarmdurchbruch verstorben ist.

Die Autorin hat einen fesselnden und abwechslungsreichen Kriminalroman geschrieben. Es ist das zweite Buch mit Nola van Heerden. Die Geschichte lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Grund dafür ist neben dem vielschichtigen Geschehen der Schriftstil der Autorin.

Das beginnt schon damit, dass die Protagonisten ausführlich charakterisiert werden. Das gilt nicht nur für die Kommissare, sondern auch für die Nebenrollen. Meine Lieblingsprotagonistin war dabei Meta. Die alte Dame ist mit Hauptkommissar Renke Nordmann verwandt. Vom Bodenfenster beobachtet sie ihren Nachbarn und macht sich so ihre eigene Gedanken über mögliche Täter. Renke war maßgeblich an den Ermittlungen beim Verschwinden von Leona beteiligt. Zum selben Zeitpunkt war seine Frau schwer an Krebs erkrankt, vor zwei Jahren hat er dann auch seine Tochter verloren. Momentan fliegt ihn sein Leben ziemlich um die Ohren.

Auch die Örtlichkeiten werden sehr gut wiedergegeben, so dass sofort ein Bild im Kopf entstand.

Das kleinstädtische Geschehen mit seine Klatsch- und Tratschmentalität spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Passende Worte findet die Autorin für die Emotionen ihrer Protagonisten. Angst und Unsicherheit, Wut und Überheblichkeit sind nur einige, die eine Rolle im Ablauf des Geschehens spielen. Anneroses innere Zerrissenheit zwischen den Wunsch, geliebt zu werden und der Angst, einem Betrüger aufgesessen zu sein, der sie nur ausnutzt, wird realistisch dargestellt. Auch Nolas Privatleben bietet viele Ansatzpunkte für einen tieferen Einblick in ihre Psyche. Treffsichere Dialoge bringen das Geschehen voran.

Nola recherchiert das Vorgehen vor vier Jahren und stößt auf einige Unregelmäßigkeiten. Vieles wurde geschickt vertuscht, was Nola nun konsequent ausgräbt. Dabei erscheint nicht nur der Tod der jungen Frau in einem völlig neuem Licht.Gut gefallen hat mir, das ich immer genau so umfangreich informiert war wie die Polizisten. Dadurch war ein Mitraten möglich. Allerdings hatte die Autorin geschickt etliche Fallstricke gelegt. Es gibt einige, die mit Sicherheit Dreck am Stecken haben. Doch wer ist wie weit gegangen? Die Balance zwischen der nötigen Ermittlungsarbeit und den vielen kleinen privaten Episoden, nicht nur der Kriminalisten, ist sehr ausgewogen und gibt dem Buch ein besonderes Gepräge.

Das Cover wirkt fast unscheinbar. Das ändert sich, wenn man das Buch gelesen hat.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin hat mich, bildlich gesprochen, mitgenommen in ihre Geschichte, mich hoffen, bangen und mitdenken lassen und mir somit einige spannende Stunden bereitet.