Rezension

Horror- und Stilmittelüberschuss

Die Tiefe - Nick Cutter

Die Tiefe
von Nick Cutter

Bewertet mit 3.5 Sternen

Das Cover:
Passend zum Titel wird man mit dem Cover in die Tiefen des Meeres katapultiert. Man schwimmt im Wasser, es ist finster und kleine Luftbläschen steigen um einen herum auf. Wären da nicht die Fäden von Blut, die langsam aus der Tiefe emporsteigen, wäre das Cover nur unheimlich. So aber wirkt es bedrohlich. Der Tod lauert in der Tiefe und er wartet auf dich.

Die Story:
Die Menschheit ist von einem unheilbaren Virus befallen und die einzige Hoffnung verbirgt sich in den Tiefen des Meeres, beim Marianengraben. Dort wurde eine Substanz entdeckt, die möglicherweise nicht nur den Virus, sondern auch alles andere heilen könnte. So weit, so gut... Da aber nie etwas so ist, wie es scheint, ist dem Leser schnell klar, dass es kein Happy End geben wird. Das bringt auch bereits der Klappentext zum Ausdruck. Die Frage ist nur, wie unumstößlich und vielleicht auch gefährlich dieser Strohhalm ist, den die Menschen hier ergreifen. Das ist der Plot, der auf den Leser wartet und der ihn mit in "die Tiefe" zieht. Und vielleicht... vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung...

Die Charaktere:
Einziger und alleiniger Protagonist ist Lucas "Luke" Nelson. Er ist Tierarzt und bisher von der mysteriösen Krankheit verschont geblieben. Sein Bruder Clayton befindet sich in der Unterwasser-Forschungsstation "Trieste", um an einer neu entdeckten Substanz zu forschen, die vielleicht ein Heilmittel darstellt. Doch irgendetwas läuft dort unten schief und der Funkkontakt zur Forschungsstation bricht ab. Luke erhält einen Hilferuf von seinem Bruder und begibt sich auf den Weg in die Tiefe. Jedoch nicht, um seinem Bruder zu helfen, denn die beiden haben sich nie richtig gemocht und seit Jahren keinen Kontakt - sondern einzig und allein für das Wohl der Menschheit.
Luke ist ein eher ängstlicher und auch gebrochener Mann. Seine Ehe nahm ein jähes Ende als sein einziger Sohn Zachary durch seine Unachtsamkeit spurlos verschwand. Er besitzt nicht mehr viel im Leben, das ihn antreibt. Mit dem Hilferuf aus der Trieste hat er ein neues Ziel.
Nach und nach kommt außerdem seine zerstörte Kindheit zu Tage, an der seine Mutter Schuld ist.
Ein fast schon bemitleidenswerter, aber dennoch sympathischer Charakter mit tiefsitzenden Problemen.

Der Schreibstil:
In "Die Tiefe" ist das Grauen allgegenwärtig. Der Autor konfrontiert den Leser mit immer mehr und mehr Horrorszenarien und... verliert sich dann irgendwann darin. Anfangs war es noch nett zu lesen, welche kranken Grausamkeiten sich der Autor da erdacht hat - schließlich bin ich eingefleischter Horror-Fan. Doch irgendwann bekommt man den Eindruck, dass nahezu alles und jede Situation brutal und krank sein muss. Für mich wurde es schlichtweg einfach zu viel und die Story verlor ihre Glaubwürdigkeit.
Es ist unüberlesbar, dass Nick Cutter ein großer Freund von Vergleichen ist. Nahezu jeder Gegenstand, jedes Geräusch muss verglichen und damit näher beschrieben und versinnbildlicht werden. Manchmal waren die Sätze damit ganz nett zu lesen. Doch häufig wirkte der Einsatz des Stilmittels an den Haaren herbei gezogen und nicht passend. Als hätte der Autor eine Liste mit schönen Vergleichen abgehakt, die er unbedingt einbauen will.
Bei all seinen vielen bestialischen Szenen und Vergleichen verliert Cutter leider auch irgendwann den roten Faden und, wie es mir scheint, sich selbst.

Das Ende:
Anstatt sich aus der ganzen Misere zu retten, setzt er mit dem Ende noch die Krone auf. Cutter versucht mit dem Finale etwas "Logik" in den Plot einzubauen, aber richtig gelungen ist es ihm nicht. Denkbar, sicherlich... irgendwie... Aber SO?

Fazit:
Der Autor macht die schöne Idee, die hinter dem Buch steckt leider mit überzogenen und unglaubwürdigen Horrorszenen und im Überschuss verwendeten Stilmitteln zunichte.
3 1/2 von 5 Isis'