Rezension

Humorvolle Jonglage zwischen Poesie, Fantasy und Horror.

Der Susan-Effekt - Peter Hoeg

Der Susan-Effekt
von Peter Hoeg

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch ist ein harter Brocken.
Susan ist Ausnahmephysikerin, attraktiv, kühl, souverän, ziemlich abgebrüht und Superkräfte hat sie auch. Wer in ihre Nähe kommt fühlt sich verpflichtet, die Wahrheit zu sagen.
Um einer Haftstrafe zu entgehen, übernimmt sie den Auftrag, heikle Informationen zu beschaffen und gerät dabei immer tiefer hinein in tödliche Machenschaften.

Susan ist Wissenschaftlerin mir Leib und Seele und so spricht sie auch. Sie analysiert alles, auch Zwischenmenschliches, und berichtet darüber mit einem Humor, der so trocken ist, dass es staubt. Nach den ersten 50 Seiten dachte ich: Ich habe keine Ahnung worum es geht, aber ich amüsiere mich dabei.

„Angeblich gibt es Unmengen von Geschichten, aus Kunst und Religion und anderen unzuverlässigen Quellen, von Leuten, die das ein oder andere erlebt haben und zu irgendeinem Phänomen der Festkörperphysik erstarren. Ginge man der Empirie nach, würde man vermutlich entdecken, dass die Wirklichkeit hinter diesen Übertreibungen so aussieht, dass die Betreffenden einen Kuss bekommen haben. Einen von der unerwarteten und paralysierenden Sorte.“

Susans Geschichte bringt einen schnell an seine Grenzen. Da ist einiges zu verdauen, was man absurd finden könnte, wenn sie es nicht meistens wissenschaftlich belegen würde. Ihre Familie hat ähnliche Kräfte wie sie, ihr Mann und ihre zwei Kinder. Wen sie gemeinsam aufs Korn nehmen, der hat keine Chance. Die fantastischen Vier.
Sie deckt weltweite politische Verwicklungen größerer Tragweite auf, in die auch ihr verschwundener Vater verwickelt ist. Leider habe ich davon nur die Hälfte verstanden. Man muss Susans sehr wissenschaftliche Sprache, haufenweise dänische Namen und Orte und die Zusammenhänge verschiedenster weltpolitischer Ereignisse in den letzten 40 Jahren unter einen Hut bringen und dann noch im Zusammenhang mit Susans Lebensgeschichte sehen. Das ist schon anspruchsvoll.

Vielleicht würde man sich wünschen, dass Herr Høeg hier und da etwas gnädiger mit seinen Lesern umgehen würde. Beispielweise tun die Verwicklungen in Indien, die dazu führen, dass alle vier Familienmitglieder polizeilich gesucht werden und das auch noch aus unterschiedlichen Gründen, überhaupt nichts zur Sache, geben aber glatt 100 Seiten lang Rätsel auf.

Es hat mir großen Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Allerdings sollte man sich nicht allzu sehr an Realismen klammern. Es ist ein Wissenschaftsthriller mit fantastischem Einschlag, der gegen Ende sogar eine dystopische Note bekommt. Eine sehr humorvolle Jonglage zwischen Poesie, Fantasy und Horror.