Rezension

Identitätsfindung zwischen muslimischen Wurzeln und spanischer Moderne

Am Montag werden sie uns lieben -

Am Montag werden sie uns lieben
von Najat El Hachmi

Bewertet mit 5 Sternen

Schon früh merkt das junge Mädchen dieses Buches, das es anders aufwächst als andere. Als Tochter marokkanischer Einwanderer in einer Hochhaussiedlung am Rande Barcelonas steht sie im muslimisch geprägten Umfeld ständig unter der Beobachtung der Nachbarn, die beim kleinsten Fehlverhalten Gerüchte streuen. Ein Mädchen muss ständig um seinen guten Ruf sorgen. Besessen von Listen, die sie zusammenstellt, um in der neuen Woche alles anders zu machen und ein besserer Mensch zu werden, hangelt sie sich durch ihr Leben. An jedem neuen Montag wird alles anders werden. 
Eines Tages begegnet sie einem Mädchen aus einem freieren Elternhaus. Fasziniert davon, dass die Neue in der Siedlung kein Kopftuch tragen muss und auch sonst all die Dinge machen kann, die ihr selbst versagt sind, freunden sich die beiden Mädchen miteinander an. Sie lässt sich vom Freigeist der Zugezogenen anstecken und versucht einen Mittelweg zwischen den Erwartungen ihrer Eltern und ihren eigenen Sehnsüchten zu finden. Gemeinsam gehen die beiden Mädchen durchs Leben, in Freundschaft verbunden, bis irgendetwas dieses Band trennt... 
 
In diesem Briefroman schreibt die Protagonistin aus muslimischem Hause an ihre liberale Freundin. Sie rollt dabei die Zeit vom Kennenlernen der beiden bis zur Gegenwart auf. Etwas hat die Freundschaft zerrissen, und natürlich fragt man sich als Leser:in immer wieder: Was kann diese beiden getrennt haben? Diese Frage ist aber immer wieder zwischendurch lediglich ein Aufflackern, denn die meiste Zeit befindet man sich über die ungerechte Behandlung dieses Mädchens in ständigem Entsetzen, das zwischen den kulturell-religiösen Wurzeln ihrer Eltern ihre eigene Identität in einer Gesellschaft sucht, die sie als Fremde sieht. 
Ich fand diesen Roman hervorragend, auch wenn ich ein paar Seiten Anlauf brauchte, um mich in den Brief-Stil einzufinden. Am hindernisreichen Leben dieser beiden jungen Frauen teilzuhaben, mit all seinen Schwierigkeiten, hat mir einige Emotionen abverlangt. So muss ein gutes Buch sein!