Rezension

Im Grunde besser als Band 1, aber…

Die Legenden der Albae 02: Vernichtender Hass - Markus Heitz

Die Legenden der Albae 02: Vernichtender Hass
von Markus Heitz

Bewertet mit 4 Sternen

Kam Gerechter Zorn noch recht schlicht und geradlinig daher, ändert sich in Vernichtender Hass etwas. Lag im ersten Band der Schwerpunkt noch auf der Charakterentwicklung der beiden Hauptcharaktere, so mussten diese im zweiten Band zu Gunsten anderer Charaktere zurückstecken. Damit gewann das Buch sowohl an Breite, als auch an Tiefe, denn hier geht es nun eindeutig nicht mehr um die Charaktere, sondern um die Eroberung von Tark Draan bzw. des Geborgenen Landes.
Die Armee unter den Nostàroi Sinthoras und Caphalor mit einer Vielzahl von Verbündeten hat den Steinernen Torweg eingenommen und könnte nun nach Tark Draan einmaschieren, doch das muss ordentlich geplant werden und so werden Boten ausgesandt und das Land erkundet – alles Albae mit einem besonderen Ruf und besonderern Aufgaben. Derweil wird in Dsôn eifrig eine politsche Kampagne gegen Sinthoras gestartet, mit dem Ziel ihm alles zu nehmen: seinen Ruf, seinen Posten seine Liebe. Durch einen Zufall erfährt Sinthoras davon, als er sich nach Dsôn aufmacht und verschlimmert die Sache noch zusätzlich. Zu allem Überfluss tauchen seltsame große Wesen auf und wollen Rache nehmen an den Unauslöschlichen, die damals veruchten dieses mächtige Volk auszulöschen. Als die Unauslöschlichen sich nicht stellen beginnt ein Kampf gegen Dsôn, doch die besten Krieger weilen in Tark Draan. Kann das Unheil von Dsôn abgewendet und Tark Drann eingenommen werden?
Das Gemeine an diesem Buch ist, dass der Leser, der Die Zwerge bereits gelesen hat, diese Fragen eindeutig beantworten kann. Dies ist zwar irgendwie schade und nimmt so manche Spannung, aber da die Zwerge ein so sympathisches Volk sind und das Buch so gut, ist es dennoch schön hiermit die Vorgeschichte zu lesen.
Vernichtender Hass gleicht mehr den Fantasy-Büchern, die ich von Heitz so kenne, als noch Gerechter Zorn. Heitz’ Bücher sind geprägt durch Mehrperspektivität und dies fehlte im ersten Band im Grunde völlig, was den Band so geradlinig und schlicht machte. Hier gibt es mit den Perspektiven Sinthoras und Caphalor bekannte Helden, mit denen der Leser die Geschichte erlebt, aber auch eine Vielzahl von Nebencharakteren werden wichtig und erhalten ihre eigene Perspektive. Dies sind so viele, dass ich sie gar nicht vollzählig nennen kann, ohne im Buch nachzuschlagen. Da gibt es z.B. Carmondai, ein Künstler und Dichter, der den Auftrag erhält ein Epos über die Helden von Tark Draan zu verfassen und daher immer beim Geschehen ist, irgendwann sogar mehr, als ihm eigentlich lieb ist. Morana, die versucht unter den Menschen Verbündete gegen die Elben zu finden. Famenia, eine Famula des Magus Jujulo aus dem Geborgenen Land, die unfreiwillig in der Fest am Steinernen Torweg festgesetzt wird. Polòthain, der die Intrige gegen Sinthoras anzettelt. Arganaï, der bei einer Erkundung auf die Dorón Ashont trifft und Dsôn warnen kann. Tendalór, der die Mannschaft einer Inselfestung in Dsôn befehligt und gegen die Dorón Ashont kämpft. Dennoch ist es an keiner Stelle unübersichtlich geworden. Im Gegenteil: Durch die verschiedenen Perspektiven erhält das Buch Tiefe, da man schlichtweg mehr erfährt. Zudem ist dies notwendig, da die Geschichte eben auch an zwei Hauptschauplätzen spielt.
Dass die Geschichte in zwei Stücke geschnitten wurde, gefällt mir sehr gut, da es zum Einen zu langweilig gewesen wäre, nur bei der Eroberung des Geborgenen Landes dabei zu sein und zum Anderem durch die Bedrohung der Heimat die gesamte Handlung mehr Spannung und Dramatik bekam. Zudem ist das Buch in bekannter Qualität geschrieben, der man Heitz’ Feder deutlich anmerkt. Dadurch, dass mehr Tiefe und Spannung dazugekommen sind, gefällt mir dieses Buch auf die eine Weise besser als der erste Band, obwohl ich die Charakterentwicklung in Gerechter Zorn sehr überzeugend fand. Dennoch komme ich nicht drum herum, dass ich die beiden Bücher spannender gefunden hätte, wenn ich Die Zwerge nicht gelesen hätte und der Ausgang für mich nicht bekannt gewesen wäre. So habe ich mich oft dabei erwischt, dass ich mir wünschte, dieses Buch sei schon beendet, damit ich mit Die Zwerge weitermachen kann. Auf der anderen Seite weiß ich aber nicht, ob mich das Buch überzeugt hätte, wenn ich Die Zwerge eben NICHT gelesen hätte. Sicher, mit diesem Buch liegt gute Fantasy vor, aber es kann nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass es “nur” die Vorgeschichte zu Die Zwerge ist und nicht mehr. Für ein eigenständiges Buch sind es mir dann doch zu viele Charaktere, deren Wichtigkeit nicht deutlich wird – wenn sie denn vorhanden ist. Zudem ist es phasenweise wirklich sehr kampflastig. Ich kann es ja nun nur so bewerten, wie ich es gelesen habe und das war nunmal als “die Vorgeschichte zu Die Zwerge” und als solches war das Buch gut, da ich Die Zwerge einfach sehr mochte und daher auch sehr interessiert an der Vorgeschichte war/bin.
Was mir an diesem Buch – neben der etwas starken Betonung des Kampfes – negativ aufgefallen ist, ist die manchmal eigenartige Aneinanderreihung der Episoden, die nicht gänzlich der Chronolgie entspricht. Dies ist nicht nur schade, sondern auch völlig unnötig. Zudem hat es Markus Heitz nicht so mit den Himmelsrichtungen. Laut Karte ist das Geborgene Land/Tark Drann im Süden und Ishím Voróo mit Dsôn Faïmon im Norden. In einer Erzählung reitet ein Alb von Dsôn Faïmon immer weiter in Richtung Süden. Wo kommt er an? Laut Karte beim Steinernen Torweg. Laut Text am Meer bei einem unbekannten Volk. Da stimmt doch irgendetwas nicht. Solcherlei Fehler tauchen bei Heitz häufiger auf und stören mich immens. Wieso fällt so etwas keinem Testleser und/oder Lektor auf. Oder bin ich schlichtweg in meiner Vorstellung so beschränkt, dass ich Heitz’ Geografie nicht verstehe?!

Fazit: Die Legenden der Albae – Vernichtender Hass gefällt mir im Grunde besser als der erste Band, da die Geschichte breiter und tiefer ist, als im Vorgänger, dafür ist sie mir hier aber ein Stück zu actionlastig – was ich meist eher langweilig als spannend finde. Zudem kommt bei mir der Eindruck auf, dass mir die Legenden der Albae nur so gefallen, weil ich sie als die Vorgeschichte zu Die Zwerge schätze. Ich bezweifle, dass sie mir so gut gefielen, wenn ich die Bücher zuerst gelesen hätte. Irgendwie sind sie inhaltlich doch irgendwie etwas dünn.