Rezension

Immer wieder schön für zwischendurch (...)

Rudernde Hunde - Elke Heidenreich, Bernd Schroeder

Rudernde Hunde
von Elke Heidenreich Bernd Schroeder

Bewertet mit 4 Sternen

Regt zum Nachdenken an

Immer wenn ich auf das Eintreffen neuer Bücher "warte", lese ich das ein oder andere "alte" Buch ein weiteres Mal, so auch geschehen mit diesem Kurzgeschichtensammelband von Elke Heidenreich und Bernd Schroeder. 2010 gelesen und jetzt 2021 wieder.

In "Rudernde Hunde" geben sich neunzehn Kurzgeschichten beider Autoren die Türklinke in die Hand und jeder Schriftsteller hat bekanntermaßen ohne Zweifel das "Zeug zum Schreiben". Es wird eine bunte Palette an Themen abgedeckt, wie sie das Leben uns zuspielt:  Kindheit, Jugend (die Ikeageschichte ist so wahr wie wehmütig und witzig), Einsamkeit, Augenblicke, bedeutsame Ereignisse, viel Zwischenmenschliches, Lebenskrisen und -wenden, Beziehungen, das Alter, Charaktere, Trennungen (eine Heizung, die das Symbol einer gescheiterten Beziehung wird in "BLaff Blaff", und Neuanfänge, Verluste und Trauer, nicht nur über Menschen, die fehlen, sondern auch, typisch für Heidenreich "die besten Jahre", die passé sind und die man zu wenig wertschätzte, als sie noch währten. Der Sammelband regt dazu an, über die Beziehungen zum eigenen Vater, der eigenen Mutter nachzudenken, denn auch das ist ein Thema,das sich durch Heidenreichs Werke wie ein roter Faden zieht (Frau Janowiak, ich habe sie gesehen/Wenn Vater seine von uns allen gefürchtete gute Laune bekam z.B.). Auch "Schachmatt" empfinde ich als spannende, sehr metaphorische Vater-Sohn-Geschichte.

Es gibt bisweilen sehr witzige und skurrile Geschichten wie z.B. über das "Huhn Carla" oder der tanzende Hund Nurejews und die durchaus tiefgründige Geschichte über einen entflogenen Beo (Norwegian Wood) und die terrorisierende Heizung in Blaff Blaff. Es gibt Kurzgeschichten mit Überraschungseffekten am Ende z.B. Liebesgeschichte/Das Geheimnis der chinesischen Wäscherei oder Blaff Blaff, eine Geschichte, in der eine Heizung symptomatisch das Ende einer Beziehung einläutet.

Die Kurzgeschichten wecken ganz unterschiedliche Emotionen beim Leser und regen auf jeden Fall zum Nachdenken an.

Hier ein paar schöne Textstellen:

" Er sah das Leben immer eins zu eins, und er nahm alles, wa sich ereignete, als günstige Wendung für sein Hundeleben an". (Nurejews Hund/10/ Das sollten wir Menschen uns zum Vorbild nehmen); "Ihr Leben war LEISE, diszipliniert, ein kleines Ritual (...)" (51/Nurejews Hund); "(...) der hatte Vergangenheit,  das sah man ihm an, aber solche haben meist keine Zukunft (...)" (95/Liebesgeschichte); "Herr Berner war hocherfreut über diesen Beweis FERNÖSTLICHER Aufmerksamkeit und verglich sie insgeheim mit der KNURRIGEN Art der deutschen Kassiererin in einem Supermarkt" (101/Das Geheimnis der chinesischen Wäscherei/schön das Spiel mit Oppositionen); "Mein Sparwille - meist zu SPÄT und oft an falscher Stelle eingesetzt -wurde von einer FATALEN Großzügigkeit abgelöst". (Blaff Blaff/145/wieder das Spiel mit Oppositionen); "Ich sah eine dünne, blasse Frau mit einem ERLOSCHENEN Gesicht" (161/Der Mantel der Liebe);

Ich kann gar keine/n Autor/in präferisieren. Besonders gut gefallen haben mit alle, aber insbesondere die Kurzgeschichten: Rudernde Hunde (Heidenreich)/Körnergefüttert/Das Geheimnis der chinesischen Wäscherei/Schachmatt/Norwegian Wood/Blaff Blaff/Der Mantel der Liebe.