Rezension

In den Wäldern Minnesotas

Eine Geschichte der Wölfe - Emily Fridlund

Eine Geschichte der Wölfe
von Emily Fridlund

~~Eine Geschichte der Wölfe - Emily Fridlund

In den tiefen Wäldern Minnesotas: Lindas Familie ist ein Übrigbleibsel einer längst aufgelösten, in alle Himmelsrichtungen verstreuten Kommune. Geblieben sind Armut und Sprachlosigkeit, der Stempel des Außenseitertums und das Gefühl, nicht dazu zu gehören. So ist die 14-jährige ein sehr einsames, auch seltsames Mädchen, das in einer kargen Hütte mitten im Wald aufwächst. Als eines Tages eine junge Familie mit ihrem vierjährigen Sohn Paul ans gegenüberliegende Ufer des Sees zieht, ist Linda sehr empfänglich für neue Kontakte und es dauert nicht lange, bis sie für den Jungen als Babysitterin engagiert wird.

Eigentlich müsste Linda schon recht früh auffallen, dass mit der Familie irgendetwas nicht stimmt. Anzeichen dafür gibt es genug. Doch auf der einen Seite entstammt Linda selbst keinem "gewöhnlichen" Elternhaus, wie sollte sie dies also beurteilen, andererseits sucht sie so sehr nach freundschaftlichen Beziehungen, dass sie kaum etwas hinterfragt. So gehört sie bald beinahe zur Familie von Paul und seiner Mutter Patra. Als Pauls Vater nach längerer Abwesenheit wieder auftaucht, häufen sich die Warnhinweise, doch nun ist Linda schon viel zu abhängig, um Alarm zu schlagen. Von einem verunsicherten Mädchen in der Pubertät ist auch kaum zu erwarten, dass sie sich ihren Eltern hier anvertraut.

Dies ist das Debüt von Emiliy Fridlund und als solches sehr beachtenswert, wie ich finde. Denn dieser Roman ist handwerklich wirklich sehr sehr gut und raffiniert konstruiert. Auch eine durchgehend düstere, beunruhigende Grundstimmung gelingt ihr hervorragend. So entsteht ein Sog, dem sich der Leser kaum entziehen kann, zumal die Sprache sehr leicht zugänglich ist.

Die Protagonisten fand ich allesamt faszinierend, wenn auch seltsam. Die Autorin beschreibt hier eine Lebenswelt, die mir absolut fremd ist. Zwischen dem Freigeist einer (wenn auch bereits aufgelösten) Kommune und der Engstirnigkeit einer religiösen Sekte, versucht Linda ihren Weg zu finden.
Dabei fand ich auch sehr interessant, dass sowohl Rückblicke in ihre Kindheit gewährt werden, als auch Aussichten in ihre Zukunft als Erwachsene. Es wird sehr deutlich, wie stark Erlebnisse in Kindheit und Jugend prägend sein können.

Absolut empfehlenswert! Ein tolles Debüt!