Rezension

Interessante Idee, schwache Umsetzung

Heimatsterben -

Heimatsterben
von Sarah Höflich

Bewertet mit 3 Sternen

"Heimatsterben" von Sarah Höflich verbindet das politische Schreckensszenario eines Rechtsrucks in der Regierung mit einer komplexen Familiengeschichte. Hanna Ahrens, freie Journalistin in New York, kehrt aufgrund des Todes ihrer Großmutter nach Deutschland zurück. Dort ist ihr Schwager Felix von Altdorff Kopf einer sehr erfolgreichen rechten Partei - und ausgerechnet Hanna lässt sich überreden, ihn zu unterstützen.
Eine spannende, aktuelle Grundidee also - aber das Buch bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück. 

Zunächst enttäuscht mich die Figurenzeichnung. Hanna überzeugt mich nicht: Sie soll eine gebildete Frau mit einer politischen Einstellung eher links von der Mitte sein, geht ihrem Schwager aber sofort auf den Leim, als sie seine deutlich nationalistischen Briefe an ihre verstorbene Großmutter liest. Auch das Wahlprogramm der BürgerUnion erscheint ihr "nicht schwachsinnig" - warum, das bleibt mir völlig unklar. Zu allem Überfluss lässt sie sich nach kurzer Überlegung auf die Landesliste der Partei setzen, als ob dies die einzige Möglichkeit wäre, ihrem Schwager zu helfen. Bei Felix muss seine persönliche Schuld gegenüber einer anderen Familie als Konstrukt als Erklärung dafür herhalten, dass er ihre noch nationalistischere Haltung akzeptiert. Dazu kommt die merkwürdige Idee, er müsse "Angebote machen" und dafür mit sehr rechts eingestellten Personen zusammenarbeiten. 

Außerdem wird die politische Entwicklung immer nur kurz angerissen. In wenigen Sätzen wird eine Entwicklung oder eine Einstellung der Bevölkerung zusammengefasst, der Hintergrund bleibt unklar. Erklärungen und Zusammenhänge spart sich die Autorin auch dadurch, dass sie mehrmals in ihrem Buch Zeitsprünge einbaut - bequem, aber nicht überzeugend. Die Familiengeschichte ist interessant, auch wenn sie ein bisschen den Eindruck erweckt, die Welt - oder zumindest Deutschland - sei ein Dorf. Teilweise ist sie auch arg melodramatisch geraten; es gibt keinen Sturm, der keine Bedeutung hätte.

Insgesamt hätte ich mir von diesem Buch deutlich mehr versprochen, als Roman über Politik ist es mir zu oberflächlich und als Familiengeschichte zu klischeehaft und melodramatisch.