Rezension

Interessante Konstruktionsweise des Falles

Wer ruhig schlafen kann - Mechthild Lanfermann

Wer ruhig schlafen kann
von Mechthild Lanfermann

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die ersten Bände um die Radioreporterin Emma Vanderwehr haben mir sehr gut gefallen und so bin ich mit entsprechenden Erwartungen an das Buch herangegangen und ich wurde nicht enttäuscht. Hätte das letzte Buch noch an einigen Stellen etwas straffer erzählt werden können, ist dieser dritte Band nun um gut 100 Seiten kürzer und alles andere als langatmig. Allerdings habe ich etwas schwer in das Buch hineinfinden können, was ich an zwei Punkten festmachen kann: Die aufkommende Beziehung zwischen Emma und Blume aus dem letzten Band hat sich entschieden weiterentwickelt. Auf welche Weise, verrate ich nicht, ich habe an ihr auch nichts auszusetzen, aber irgendwie habe ich aufgrund der Entwicklung das Gefühl gehabt, etwas verpasst zu haben. Auch die zahlreichen Hinweise auf den vorangegangenen Fall empfand ich als hinderlich, da ich mich nicht mehr an die Details erinnern konnte und es prinzipiell für dieses Buch auch nicht wollte. Der zweite Punkt ist die Konstruktionsweise dieses Falles: Emma muss einen Kollegen im Gericht vertreten und besucht so eine Gerichtsverhandlung, bei der ein Obdachloser eine obdachlose junge Frau erdrosselt hat und verurteilt werden soll. Freunde und Verwandte hat Paule nicht, einzig ein junges Mädchen mit Dread-Locks scheint ihn zu kennen. Emma möchte sie interviewen und wird dabei auf Ungereimtheiten im Fall aufmerksam gemacht, die sie natürlich nicht ruhen lässt, sondern denen sie nachgeht. So recherchiert sie auf dem Alex im Straßenkindermileu und später in eine Richtung, die anfangs nicht ersichtlich war. In diesem Krimi ist der Fall im Grunde schon abgeschlossen und wird bereits vor Gericht verhandelt. Emmas Verdacht fällt bei der Polizei daher auf keinen fruchtbaren Boden. Diese Art von Einstieg in das Buch war mir neu und hat mir wie gesagt, den Einstieg etwas schwer gemacht, andererseits finde ich es überaus gelungen, eben weil ich so etwas vorher noch nicht gelesen hatte. Und auch so kam recht schnell Spannung auf und Emma hat den Fall wieder sehr an sich heran gelassen.
Lanfermann hat diesen Krimi sehr kurzweilig geschrieben, wobei der Großteil nicht wirklich nervenaufreibend war – im Gegensatz zum direkten Vorgänger – Emma muss hier viel recherchieren und Beziehungsarbeit leisten, doch das liest sich dennoch sehr gut weg. Eigentlich war es recht schnell eindeutig, wer wirklich hinter Hilkes Mord steckt, da das Buch zwar überwiegend aus Emmas Sicht geschrieben ist, aber immer wieder andere Perspektiven eingestreut werden. So wird das Handeln der Gegenseite deutlich, aber auch Blume wird als Charakter herausgearbeitet. Obwohl klar war, wer beteiligt war, die Hintergründe und Zusammenhänge bleiben lange im Dunkeln und daher bleibt die Handlung spannend, vor allem da Emma ja noch nicht weiß, was der Leser erfährt. Das Buch endet mit einem spannenden und gelungenen Finale und im Hinblick auf Emma und Blume mit einem offenen Ende – was mir auch sehr zugesprochen hat.
Ich würde raten, dieses Buch wirklich erst nach dem Serienauftakt Wer im Trüben fischt zu lesen, da die Kenntnis der Charaktere – vor allem bei den Protagonisten – vorausgesetzt wird.

Fazit: Wer ruhig schlafen kann ist meiner Meinung nach ein wirklich gelungener, spannender Krimi mit einer engagierten, selbstbewussten Rundfunkjournalistin als Hauptcharakter, die hier versucht einen für die Polizei bereits abgeschlossenen Fall, wieder aufzurollen. Diese Konstruktionsweise des Buches hat mir sehr gut gefallen, da sie außergewöhnlich ist. Auch dieser Teil der Serie hat mich überzeugt, so dass ich von dieser Serie gern noch viel mehr lesen möchte!