Rezension

Interessante Reise in die Dunkelheit

Die Nacht
von Paul Bogard

Bewertet mit 4 Sternen

Sie ist allgegenwärtig, sie ist ein Teil von uns und unseres Daseins, so wunderschön und faszinierend sie auch sein kann.
Und dennoch empfinden wir sie allzu oft nur als Bedrohung.

 

Paul Bogard ist der Dunkelheit auf der Spur, gerade in einer Welt, die dank greller Beleuchtung nach Sonnenuntergang immer heller wird. Straßenlaternen, Security lights an Wohnhäusern, Tankstellen und Parkplätzen und die Strahler an berühmten Wahrzeichen lassen die Nacht meist zum Tag werden.
Zuallererst sucht der Autor deshalb dort draußen den perfekten Sternenhimmel, eine Seltenheit in der heutigen Zeit, in der die Lichtverschmutzung so weit fortgeschritten ist. Doch es interessiert ihn dabei nicht nur, wo es die finstersten Orte auf unserem Planeten gibt, sondern auch was deren langsames Verschwinden für uns Menschen bedeutet. Und wie wir am besten damit umgehen können.

 

 

Ja, ich habe mich erneut an ein Sachbuch getraut, eben weil mich das Problem interessiert hat und ich mich vorher mit der Lichtverschmutzung nie wirklich beschäftigt habe. Dass der Autor dabei so viele verschiedene Aspekte aufgreift, hat mich positiv überrascht.
Natürlich stehen dabei die Astronomie und die Auswirkungen künstlicher Beleuchtung auf diese Wissenschaft im Vordergrund. Bogard spricht dabei so einige Vor- und vor allem Nachteile an, die einigen wahrscheinlich bisher gar nicht bewusst waren. Interessant ist besonders die Tatsache, dass die meisten von uns nicht mehr realisieren, wie hell unsere Nacht im Vergleich zum neunzehnten und den Anfängen des zwanzigsten Jahrhunderts geworden ist und wie wenige Sterne wir inzwischen in den Städten am Himmel erkennen können. Auch die Diskussion darüber, ob die Sicherheit durch Straßenlaternen und Security Lights wirklich gewährleistet oder nicht sogar verringert wird, gibt einem sofort zu denken.
Dies ist allerdings nur ein Bruchteil dessen, was auf den dreihundertachtundsechzig Seiten angesprochen wird. Umweltverschmutzung, gesundheitliche, architektonische und religiöse Gesichtspunkte werden ebenfalls ausführlich erläutert.

 

Gehalten ist das Werk in einem leicht verständlichen, aber nicht zu einfachen Schreibstil, der immer wieder von Originalzitaten aus der Fach- und Unterhaltungsliteratur früherer Epochen durchbrochen wird. Alles in allem präsentiert sich Die Nacht eher wie ein Erlebnisbericht, da der Verfasser hauptsächlich aus seiner Perspektive schreibt und dem Ganzen auf diese Weise eine eigene persönliche Note verleiht. Dass man so die Orte, die Bogard besucht, beinahe bildlich vor sich sieht, trägt meiner Meinung nach mehr zur Atmosphäre bei als die Schwarzweißaufnahmen, die ab und zu auf den einzelnen Seiten zu finden sind.
Leider passiert es häufig, dass der Autor sich einmal zu oft wiederholt. Nur zur Bestärkung eines Sachverhalts oder um seine Ansichten zu verdeutlichen geschieht dies etwas zu oft. Hinzu kommt, dass von einem Abschnitt auf den nächsten manchmal abrupt das Thema oder der Schauplatz gewechselt wird. In solchen Fällen wird man dann für einen Moment lang völlig aus dem Lesefluss gerissen, was bei den interessanten Schilderungen meist unnötig störend ist.

 

 

Bei diesem Buch hatte ich so einiges erwartet, nur nicht die Vielfalt der angesprochenen Themen, die sich mit der Dunkelheit verbinden lassen. Der Autor beschäftigt sich mit Astronomie, Religion, Umwelt- und Lichtverschmutzung, gesundheitlichen und literarischen Aspekten sowie technischen und architektonischen Möglichkeiten, Licht richtig einzusetzen. Wissenschaftliche und philosophische Abschnitte wechseln sich gekonnt mit Schilderungen persönlicher Erlebnisse ab, sodass man die Nacht mit ganz anderen Augen sieht.
Nur manchmal verliert sich Paul Bogard in Wiederholungen und springt dann unerwartet zum nächsten Thema weiter, dass man kurzzeitig aus dem Lesefluss gerissen wird.
Doch wer die Schönheit und Faszination der Nacht in all ihren Formen kennenlernen will, der sollte dieses Buch zur Hand nehmen oder sich hinaus in die Finsternis wagen.