Rezension

Interessanter Grundkonflikt aber schlechte Umsetzung

Lästige Liebe, 5 Audio-CDs - Elena Ferrante

Lästige Liebe, 5 Audio-CDs
von Elena Ferrante

Bewertet mit 2 Sternen

Inhalt: Der Titel und der Klappentext von Lästige Liebe könnten darauf schließen las-sen, dass sich Elena Ferrante hier an einem Krimi versucht. Die Mutter unserer Protagonistin Delia ertrank. Und kurz vor ihrem Tod bekam Delia ein paar merkwürdige Anrufe von ihrer Mutter. Da stellt sich die Frage: Beging Delias Mutter Suizid oder wurde sie vielleicht sogar ertränkt?

Delia begibt sich auf eine Reise in ihre Vergangenheit auf der Suche nach ihrer Herkunft und der Antwort auf die Frage, was für ein Mensch ihre Mutter war. Und dabei macht sie eine erschreckende Entdeckung.

 

Lästige Liebe erzählt von zwei Protagonistinnen. Zum einen wird die Geschichte aus der Sicht von Ich-Erzählerin Delia erzählt. Diese lässt uns aber an den Erin-nerungen über ihre Mutter teilhaben und bezieht auch andere Personen, die viel Zeit mit Amalia verbracht haben, in ihre Erzählungen mit ein.

Nach und nach wird deutlich, dass Mutter und Tochter viele Jahre in Angst lebten und die Lücken im System nutzten, um sich zu entfalten und für wenige Momente frei zu sein.

Delia liebt inzwischen ihr selbstbestimmtes Leben und kann mit ihrer Heimat nicht mehr viel anfangen. Doch nach und nach wird ihr bewusst, dass sie nicht weiß, wie viel von ihrer Mutter wirklich in ihr steckt.

 

Elena Ferrante verarbeitet in Lästige Liebe ähnliche Themen, wie in der neapo-litanischen Saga. Delia merkt, dass sie ihre Mutter kaum bändigen kann. Und genau das macht ihr Angst, weil sie nicht weiß, was ihre Mutter als Nächstes im Schilde führt.

In der neapolitanischen Saga begegnen wir der angepassten Ich-Erzählerin Ele-na, die eine extrovertierte beste Freundin, nämlich Lila hat. Und in der neapo-litanischen Saga geht es immer wieder darum, dass sich Elena nicht von Lila vereinnahmen lässt.

Außerdem greift Elena Ferrante in Lästige Liebe wieder das Merkmal der Spra-che auf: Delia hat den Dialekt abgelegt, den sie seit ihrer Kindheit kennt und früher gesprochen hat. Sie kann mit ihren Wurzeln nicht mehr viel anfangen und kann sich so sprachlich von ihrer Heimat abgrenzen. Auch in der neapo-litanischen Saga war Sprache ein großes Thema. Das Italienisch, welches haupt-sächlich von den Gebildeten gesprochen wurde.

 

Leider fehlte mir in Lästige Liebe der Spannungsbogen. Das lag hauptsächlich daran, dass Elena Ferrante in ihrem Schreibstil für mich nicht erkennbar kon-kret wird und sich daher viel verbaut hat. So gab es beispielsweise unerwartete Szenenwechsel, die bei mir erst einmal für Orientierungslosigkeit sorgten.

Außerdem war mir unklar, wie viel Delia wirklich erlebt hat oder wie viel sich in Delias Fantasie abspielte. Das verwirrte mich zunehmend, weil mich das auch an der Glaubwürdigkeit unserer Protagonistin zweifeln ließ. Während man in ande-ren Spannungsromanen zunehmend an Spannung aufbaut, in dem die Protago-nisten immer mehr Indizien sammeln, um das Rätsel zu lösen, bekommt Delia hier eine Eingebung nach der anderen. Und zwar wird sie hier mit Erkenntnissen überschüttet, die sie eigentlich gar nicht haben kann, weil ihr die Informationen fehlten. Hier fehlte mir die Entwicklung unserer Protagonistin.

 

Allerdings gab es auch Elemente an Elena Ferrantes Schreibstil, die mir vertraut waren und mir das Gefühl von Zuhause gaben, wie beispielsweise die bereits die Auseinandersetzung mit bereits bekannten Themen und Elena Ferrantes art, eine Geschichte zu erzählen. Obwohl sie in diesem Genre eher ungeeignet war.  

 

Kommen wir aber nun zur Hörbuchgestaltung: Der Hörverlag hat Lästige Liebe ungekürzt produziert. Und das zeigt uns auch, dass die Geschichte um einiges kürzer ist, als die neapolitanische Saga. So hat die Geschichte nämlich eine Laufzeit von ca. fünf Stunden. Was mich besonders freute ist, dass es für uns hier ein Wiederhören mit Eva Mattes gibt. Sie erzählte uns bereits die Geschichte von Elena und Lila. Und vielleicht trug das auch dazu bei, dass ich nur darauf wartete, dass Charaktere aus der neapolitanischen Saga kurz durchs virtuelle Bild huschten. 

Eva Mattes hat die Geschichte gut transportiert und auch diese Irrungen und Wirrungen gut dargestellt, allerdings so gut, dass mir trotzdem nicht klar war, welche Perspektive jetzt stimmt und die Verwirrung anhielt, aber vielleicht sollte das auch genauso sein.  

 

Gesamteindruck: Kleinlaut muss ich gestehen, dass mich Lästige Liebe etwas enttäuscht zurücklässt. Ich habe mich unglaublich gefreut wieder mit Elena Ferrante und Eva Mattes nach Italien reisen zu können. Ich hoffte auf eine spannende Geschichte, mit tiefgründigen Charakteren und einer interessanten Thematik. Stattdessen liefert Elena Ferrante hier Ansätze, führt diese aber nicht konsequent zu Ende.