Rezension

Interessantes Porträt einer Frau

Die Mutter des Satans - Claudia Beinert, Nadja Beinert

Die Mutter des Satans
von Claudia Beinert Nadja Beinert

Bewertet mit 4 Sternen

»Aber warum eine Rebellion gegen die höchsten Herren im Reich? … Du hast deinen Platz im Leben vergessen!«

In diesem Jahr, in dem sich der Thesenanschlag durch Martin Luther zum fünfhundertsten Mal jährt, gibt es reichlich Literatur über ihn. Aber dieses Buch hier stellt seine Mutter in den Mittelpunkt der Handlung.

Welche Rolle spielte sie, spielte Luthers Elternhaus in seinem Leben? Wie stand Margarethe Luther (oder Luder, wie sie richtig hieß) zu ihrem Sohn und seinem Tun?

 

Die beiden Autorinnen verknüpfen auf hochinteressante Weise die historischen Persönlichkeiten und Tatsachen mit einem fiktiven Handlungsrahmen, der trotzdem realistisch erscheint. Margarethe Luder lässt sich von Lucas Cranach dem Älteren porträtieren und hängt dabei ihren Erinnerungen nach, beginnend mit Martins Geburt.

Im Wesentlichen wird also aus ihrer Sicht erzählt, lediglich in Zwischenpassagen wechselt die Erzählperspektive zu Lucas Cranach. Das sorgt natürlich dafür, dass man beim Lesen stets ganz nah bei Margarethe ist, bei ihren Gefühlen, ihren Ängsten und ihrem Glauben.

 

Wie immer, wenn ich über die Rolle der Frau in dieser Zeit lese, bin ich fassungslos. Diese Frauen mussten doch so stark sein, eigentlich, und ließen sich doch unterdrücken und missbrauchen. Und alles aus der Überzeugung heraus, dass dies die göttliche Ordnung sei! Margarethe war da keine Ausnahme, erst spät fand „die Mutter der Reformation“, wie sie an einer Stelle im Text bezeichnet wird, aus der Opferrolle heraus. Interessant ist dabei, ihre Entwicklung zu beobachten. Beim Lesen stellt man sich nicht nur die Frage, wie sie ihren Sohn beeinflusst hat, sondern welchen Einfluss wiederum er auf seine Mutter gehabt hat.

Natürlich wird ausführlich auf das damalige Weltbild eingegangen. Alles Denken und Streben war auf das Jenseits gerichtet, über allem stand die Angst vor einem zürnenden und strafenden Gott, der einen für die Ewigkeit in der Hölle schmoren lassen konnte. Außer – man hatte genügend Geld für Ablassbriefe… Ein unglaublicher Gedankenansatz, der ebenso wie der parallel existierende Aberglaube leicht auf dem Nährboden einer allgemein herrschenden Ungebildetheit gedeihen konnte. Wie Martin Luther hier eingegriffen hat, ist bekannt. Aber wie wurde aus ihm der bekannte Reformator? Seine Familie hatte eigentlich andere Pläne für ihn – wie mag es für sie gewesen sein, als der Sohn plötzlich so rebellierte? Wer Kinder hat, der weiß, dass man sich um sie sorgt, dass man sich für sie eine gesicherte Zukunft wünscht – und dass man, wenn das Kind erfolgreich ist, selber an Ansehen gewinnt. Umgekehrt gilt das gleiche, damals wie heute.

 

Martin Luthers Ansichten und die neue Lehre haben selbstverständlich auch einen Platz in Margarethes Erinnerungen. Ein Punkt, der mir immer negativ in Zusammenhang mit ihm einfällt, nämlich seine befürwortende Haltung zu den Hexenverbrennungen, wird allerdings nur kurz erwähnt. Nun ja, es sind halt die Erinnerungen seiner Mutter…

 

Der Stil sagte mir zu und ließ sich leicht und angenehm lesen. Schön finde ich zudem, dass auf dem Cover ein Ausschnitt aus dem fertigen Porträt Cranachs zu sehen ist. Aber auch nach dem Lesen stört mich immer noch der Titel des Buchs, ich finde ihn einfach reißerisch, auch wenn er inhaltlich begründet werden kann. Wenn ich nicht durch Empfehlungen hier auf das Buch aufmerksam geworden wäre, hätte ich es aufgrund des Titels sicher nicht beachtet.

 

Fazit: Kurzweiliges Porträt einer interessanten Frau und ein ungewöhnlicher Blick auf den großen Kirchenreformator.

 

»Ich wollte keine Rebellion, sondern war auf der Suche nach einem Weg, wie wir Gottes Gnade erhalten. … Ich habe ihn gefunden, den Weg in die ewige Seligkeit, ins Himmelreich.«