Rezension

Ist es ein Spiel?

Roman eines Schicksallosen - Imre Kertesz

Roman eines Schicksallosen
von Imre Kertesz

Bewertet mit 4 Sternen

Ein vierzehnjähriges Ich meldet sich freiwillig zum Arbeitsdienst. Was es nicht ahnt ist, dass es kein Arbeitsdienst ist. Erst ist es ein Aufenthalt im Nirgendwo, dann ist es eine Bahnfahrt im Viehwaggon. Das Ich wird in Auschwitz landen und fast eine von vielen Leichen werden. Irgendwie schrammt das Ich an seinem Unglück vorbei. Immer und immer wieder. Ist das Glück, dort zwischen den Schornsteinen und dem süßlichen Geruch?

Imre Kertèsz hat es selber erlebt. Alles. Die Fahrt, das Umkleiden, das Arbeiten, die Gräueltaten, wie sie alle nennen. Doch durch seine Augen bekommt dieser schreckliche Teil unserer Geschichte andere Nuancen. Es gibt Freundschaften, Zufälle und auch Glück, denn Glück ist relativ.

Es ist eine schreckliche Perspektive, dieses Ich. Mit den Augen eines Kindes wird vieles anderes wahrgenommen. Immerhin geht der Junge von damals fast freiwillig zum Arbeitsdienst. Es ist die Sichtweise auf manches, die den Leser schockt.

Ja, da wird eine alte Frau aussortiert und muss nicht zum Arbeitsdienst. Da hat sie doch Glück gehabt, viel arbeiten hätte sie nicht mehr können. Ob er die Duschen gesehen hätte? Nein, sonst stände er nicht hier. Und schon glauben, die Unberührten, dass es sie nicht gegeben hat.

Wie hält man so etwas aus? Ich glaube, es ist zum Teil der unverfälschte, kindliche Blick auf die Dinge. Warten auf das nächste Stück Brot, Anpassung an langweilige Tage und Arbeiten ohne Ende. Teilnahmslos Menschen sterben sehen, so lange man nicht selbst betroffen ist, bis morgen denken, denn dann geht die Sonne wieder auf. Es sind viele Detail, die der Leser selbst ergänzen muss. Mitdenken und Mitfühlen sind hier gefragt.

Am meisten erschüttert hat mich das erste Gespräch in der Freiheit. Das ihn niemand versteht, alle von dem 'Bösen' wissen wollen, aber niemand fragt, wie es wirklich war. Es ist ein besonderer Roman, den ich gerne gelesen habe trotz der fremden Perspektive.