Rezension

Jack the Ripper in Moskau

Die Schönheit der toten Mädchen - Boris Akunin

Die Schönheit der toten Mädchen
von Boris Akunin

Bewertet mit 5 Sternen

Jack the Ripper - ausgelutscht und langweilig, möchte man meinen. Been there, done that.
Doch Akunin gelingt das unglaubliche Kunststück, diese 1000 Mal erzählte Geschichte spannend neu zu interpretieren. Anfangs dachte ich, "Och nee, nicht diese Leier". Aber der Roman war dermassen spannend und gut gemacht, dass ich ihn einfach zur Lektüre empfehlen muss, obwohl ich den Mörder seltsamerweise recht schnell ausgeknobelt hatte.

Die Handlung spielt 1889 in Moskau - ein Frauenmörder geht um. Seine Opfer sind Prostituierte. Grausam werden sie entstellt. Sollte der Mörder nicht bald gefaßt werden, müssen Köpfe rollen; sprich: Konsequenzen gezogen werden. Ostern steht vor der Tür, das höchste Fest der Ostkirche. Allerhöchster Besuch muss abgesagt werden, die Konkurrenz zwischen Moskau und Sankt Petersburg hat fast kriegsähnliche Zustände angenommen. Natürlich im Geheimen. Nepotismus, Günstlingswirtschaft, Intrigen - dazu noch die Morde, die sehr an das Londoner Vorgehen erinnern. Fürst Dolgorukoi ruft also Fandorin zu Hilfe, was dem lokalen Polizeichef gar nicht behagt. Fandorin kann sich jedoch auf seinen japanischen Diener Masa und seinen Schützling verlassen. Doch der Fall wird immer komplizierter...

Der Krimi war einfach klasse, spitze geschrieben, spannend, philosophisch und vor allem sehr gesellschaftskritisch. Richtig unheimlich wurde mir Frol, Dolgorukois Diener und die graue Eminenz Moskaus. Fandorin wandelt zum Glück nicht mehr auf Freiersfüßen, obwohl er in wilder Ehe mit der frommen Angelina lebt. Dieser Band der Reihe war jedoch sehr düster, und vor allem gegen Ende gibt es sehr unangenehme Überraschungen! Handwerklich einfach top.
Ein klasse Krimi im historischen Gewand!