Rezension

Käthes Alleingang, eine Kuschel-Krimi-Persiflage mit aus dem Hut gezaubertem Ende! Fehlt nur das weiße Kaninchen! Nichts für Mitermittler!

Der tote Kurschatten von Sylt -

Der tote Kurschatten von Sylt
von Dany R. Wood

Bewertet mit 3 Sternen

Oma Käthes erster und wohl mein letzter Fall!

Heutzutage würde man diesen Sylt-„Krimi“ rund um Oma Käthe wohl als „Sidekick“ der Jupp-Backes-Reihe desselben Autors bezeichnen. Da ich die Reihe des im Saarland tätigen sogenannten „Kult-Kommissars“ Jupp Backes nicht kenne, habe ich mich gefreut, mit „Der tote Kurschatten von Sylt“ einen Teil seiner Familie kennenzulernen. Und wie ich diesen Teil, die Käthe, kennengelernt habe!

Nun, Inhaltliches werde ich nicht wiedergeben, denn dafür gibt es die Kurzbeschreibung bzw. den Klappentext; zu meinen Eindrücken aber schreibe ich hier ein paar Zeilen.

Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich an die Protagonistin und deren Tonfall und Wortwahl und vor allem an ihr dreistes und oft übergriffiges Auftreten gewöhnt hatte. Resolut zu sein, hilft einer solchen Hauptfigur ganz sicher, aber ein bisschen mehr Respekt, wenigstens eine Portion guten Benehmens und etwas Niveau hätten diesem Charakter nicht geschadet. 

Auch die anderen Figuren, die in dieser zwar oft humorvollen, manchmal aber auch recht albernen Geschichte eine Rolle spielen, wirken überzeichnet. So manches Klischee wird hier unangenehm ausgereizt, was übrigens auch für die Klinik gilt, die hier Schauplatz des, nein, der Geschehen ist. Die Vorgänge darin und das Verhalten der Mitarbeiter geben mir wirklich zu denken: eine Klinik, in der unfassbare Zustände herrschen; eine Patientin, die dort kaum Behandlungen hat, sondern munter rumschnüffelt; Verdächtige, deren Anzahl während der Lektüre zunimmt, die auch zum Teil tatsächlich Dreck am Stecken, mit der Lösung des eigentlichen Falls aber nichts zu tun haben.

Dass das Ende die Leser überrascht hat, weil sie es nicht erwartet haben, ist nicht verwunderlich, weil sie es nicht erwarten konnten. Wenn man während des gesamten Krimis zwar an den Nebenschauplätzen mitermitteln kann, es aber unmöglich ist, der Lösung des eigentlichen Falls näherzukommen, weil eben diese Lösung wie das weiße Kaninchen aus dem Hut gezaubert wird, so, als sei der Autor selbst davon überrascht worden, dann fehlt diesem Cosy-Crime Wesentliches und der Leser wird der kuschelkrimi-typischen Möglichkeit des Mitermittelns beraubt.  

Was ich leider noch erwähnen muss, weil es wirklich befremdlich wirkt, ist eine Textstelle, an der der Autor das „perfekte Deutsch“ einer Masseurin („zierliche junge Asiatin“) betont. Das ist eine sehr fragwürdige Aussage. Warum sollte ihr Deutsch nicht perfekt sein? Als an manchen Stellen tatsächlich nicht perfekt würde ich da eher das Deutsch dieses Buches bezeichnen.

Es hätte so schön sein können, denn die Geschichte an sich, vom Ende abgesehen, war gut gesponnen. Und sie war an den Stellen, an denen sie nicht so übertrieben und unglaubwürdig war, durchaus amüsant und konnte u.a. durch ein Techtelmechtel und die Figur von Käthes Kompagnon ;-) gut unterhalten, aber summa summarum wirkt dieser Cosy-Crime auf mich eher wie eine Parodie.

Diejenigen, denen die Reihe rund um Familie Backes gefällt, finden sicher auch Gefallen an Käthes Alleingang, mein Fall aber ist es leider nicht. Ich wollte diese Familie so gerne kennenlernen und Oma Käthe hätte ich gerne mehr Sympathie entgegengebracht, aber wegen all der oben erläuterten Aspekte kann ich beim besten Willen für diese Persiflage eines Cosy-Krimis nicht mehr als gute 3 Sterne geben.