Rezension

Kann man lesen - muss man aber nicht...

Aus die Maus - Matthias Nölke, Christian Sprang

Aus die Maus
von Matthias Nölke Christian Sprang

Bewertet mit 2 Sternen

Todesanzeigen üben auf viele Menschen eine ungeheure Faszination aus. Ihre Lektüre erlaubt nicht nur den Abgleich mit den eigenen Lebensdaten, sie vermittelt mitunter auch ungewöhnliche und unterhaltsame Einblicke in das Leben der anderen. Als Student hat Christian Sprang, heute Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, begonnen, Todesanzeigen zu sammeln. Was als Spaß in einer Wohngemeinschaft begann, entwickelte sich zu einem ungewöhnlichen Hobby. Schnell begannen Freunde und Bekannte, ihm eigene Fundstücke zu schicken. So entstand mit den Jahren eine inzwischen mehr als tausend Anzeigen umfassende Sammlung.

Christian Sprang hat über Jahre eine ansehnliche Anzahl von gefühlvollen, rätselhaften und komischen Todesanzeigen gesammelt. Nunmehr hat er eine Auswahl davon nach verschiedenen Themenbereichen sortiert, von Anzeigen mit ungewöhnlichem Motto, über Anzeigen von Adligen, Beruflichem etc. bis hin zum Grand Finale.
Bei dieser Zusammenstellung sind wirklich ungewöhnliche Todesanzeigen zusammengekommen, die es wert sind, gelesen zu werden. Beim Lesen des Buches darf man allerdings nicht den Fehler begehen, von Anfang bis Ende ein Feuerwerk an komischen Todesanzeigen zu erwarten, die stets einen Lacher garantieren. Manches, was hier präsentiert wird, macht auch nachdenklich.

Manche der Anzeigen verblüfften, weil sie vermochten, in wenigen Worten ein deutliches Bild des Verstorbenen zu präsentierten, z.B. "Nie gekämpft, im Strom des Lebens getrieben... darin untergegangen" oder "Wie im Leben - Oma rief - Opa kam".
Andere berührten, entweder weil ein sehr liebevoller Nachruf geschrieben wurde, wie z.B. der Text der kleinen Tochter "Du schaust mir in die augen ganz ganz feste du Hast untz gantz lieb gehabt und fir dich auch. die grossen Hände - jetzt sind sie weg pass gut auf dich auf." oder weil die Anzeige sehr ungewöhnlich gestaltet war, wie z.B. in Form eines Fußballfeldes, weil das am Besten zum Verstorbenen passte.

Manche der Anzeigen waren aber auch erschütternd, weil sie eine Form der Abrechnung beinhalteten - Abrechnung mit dem Verstorbenen selbst: "Mein Schwiegervater - Die Personifizierung geistigen Hochmuts und menschlichen Versagens" oder "Er hatte es nicht immer leicht. Wir aber auch nicht mit ihm." - Abrechnung mit Verwandten: "Die unwürdige Bestattung hattest Du nicht verdient. Leider wurde mir verwehrt, Dir zu helfen" - oder Abrechnung mit einem Krankenhaus, wenn der Verstorbene Opfer eines Behandlungsfehlers war.

Es gab auch flapsige Todesanzeigen: "Scheiß Motorrad - machs gut Alter" oder "Ich bin umgezogen. Meine neue Adresse ist: Urnen-Reihengrab 4276". Oder skurrile, die den Verlust eines Haustiers oder gar des Führerscheins betrauerten.
Manches war zum Schmunzeln - aaaaber es gab auch vieles, was an den Haaren herbeigezogen war, wo im Erläuterungstext auf Doppeldeutigkeiten hingewiesen werden musste, damit sie erkennbar waren. Teilweise also zäh und langweilig.

Es war nett, das Buch meiner Freundin mal durchzublättern - aber kaufen muss ich es mir deswegen nicht. Ich denke, man verpasst auch nichts, wenn man es nicht liest.
Morbide oder geschmacklos allerdings, wie manche das Buch bezeichnen, ist es meiner Meinung nach nicht.

© Parden