Rezension

...kantige Erzählungen mit Tiefgang!

Gestern war auch schon ein Tag - Finn-Ole Heinrich

Gestern war auch schon ein Tag
von Finn-Ole Heinrich

Sympathisch sind sie mir nun nicht gerade – die Protagonisten in Finn-Ole Heinrichs Erzählungen. Mit keinem von ihnen würde ich einen Abend verbringen wollen. Aber der Autor möchte auch nicht anbiedernd Sympathie beim Leser erhaschen. Kantig sind sie – kantig und schnörkellos. Und dabei so echt und so weit entfernt vom Gut-Menschen.

Lieber würde ich über Gut-Menschen lesen: Es wäre für mich einfacher. Aber „einfacher“ will der Autor auch nicht sein. Er möchte unangenehm sein, seine Geschichten sollen unangenehme Emotionen beim Leser auslösen. Das Lesen dieser Erzählungen kratzt an der schönen Oberfläche des Lesers.

Aber warum empfinde ich es als unangenehm? Weil es wahrhaftig ist! Weil seine Protagonisten mit Emotionen kämpfen, die mir so vertraut sind. Weil sie Menschen sind, und somit ihre Gefühle menschlich sind – so wie auch meine Gefühle menschlich sind. Weil mir ein Spiegel vorgehalten wird, und ich erbarmungslos gezwungen werde, einen kritischen Blick in ihn zu werfen.

Schön ist es nicht unbedingt, was ich dort zu sehen bekomme.

Doch warum lese ich weiter? Weil ich erleichtert bin: Auch ich darf mir Gefühle zugestehen, die nicht „edel, hilfreich und gut“ sind. Und weil der Autor seine Figuren in all ihrer Menschlichkeit nicht bewertet: Sie werden von ihm nicht verraten, und somit fühle auch ich mich nicht bloßgestellt.

Es fällt mir schwer, die Inhalte der Erzählungen wiederzugeben: Dafür sind die Geschichten auch wieder zu unterschiedlich. Dafür sind die Schicksale der Protagonisten auch wieder zu individuell. Nur eines ist ihnen gemein: Finn-Ole Heinrich pfeift in seinen Geschichten auf den schönen Schein. Seine Geschichten sind klar. Seine Sprache ist klar – und erbarmungslos ehrlich: „Man bekommt, was man sieht!“

Glamour? Glamour muss ich mir woanders suchen! Das hier beschreibt nur das schnöde Leben!