Rezension

kein gewöhnlicher King-Roman

Der Sturm des Jahrhunderts
von Stephen King

Bewertet mit 4 Sternen

1989: Ein Jahrhundertsturm bedroht die Küste Maines und die Einwohner von Little Tall Island treffen Vorkehrungen. Einige flüchten aufs Festland, andere bleiben und bereiten die Schutzmaßnahmen vor. Und ausgerechnet jetzt geschieht ein brutaler Mord auf der Insel. Der Täter wird gefasst (lässt sich vielmehr fassen), doch eine Zelle hält Andre Linoge nicht davon ab, weiteres Unheil über die Inselbewohner zu bringen. Und schon bald wird ihnen klar, dass sie es nicht mit einem gewöhnlichen Mörder zu tun haben. Doch was will Linoge?
 
»Der Sturm des Jahrhunderts« (OT: Storm of the Century) ist kein gewöhnlicher King-Roman, obwohl man den Stil des Autors auch hier deutlich herauslesen kann. King schrieb die Geschichte exklusiv für einen TV-Film (ABC), wie er im überaus interessanten und humordurchsetzten Vorwort berichtet. Es handelt sich hier also um ein Originaldrehbuch aus dem Jahr 1999, das nur noch gebraucht erhältlich ist. Die gleichnamige TV-Miniserie wurde noch im gleichen Jahr produziert.
 
Hat man sich erstmal an den Stil gewöhnt, liest sich die Geschichte sehr flüssig. Mit vielen Figuren und Kings typischem Faible für kleinere Ausschweifungen hier und da sollte man allerdings klarkommen. Es ist auch keine actionreiche, schnell erzählte Geschichte. King lässt sich viel Zeit, baut gemächlich die unheilvoll, anschwellende Atmosphäre auf. Ich persönlich mag das, und in diesem Fall lebt das Kopfkino davon umso mehr, da es ja zusätzlich noch durch die Regieanweisungen unterstützt wird. Natürlich gibt es auch brutale und schaurige Momente, aber der Fokus liegt hier eher auf den sozialen Konflikten innerhalb der Gemeinschaft. Dafür hat King ein Händchen, das beweisen bereits viele seiner Romane (In einer kleinen Stadt und Die Arena beispeilsweise).
 
Und auch die Gemeinschaft von Little Tall wird vor eine schwere Prüfung gestellt. Der vermeintlich festgesetzte Mörder Linoge leitet das mörderische Spiel, dirigiert die Inselbewohner – seine Geiseln – wie Puppen, um dann zum finalen, vernichtenden Schlag auszuholen. Was er tut, was er verlangt und warum – das muss man selbst lesen. Ich für meinen Teil habe die Lektüre sehr genossen, auch wenn es ein paar Ungereimtheiten und auch an der ein oder anderen Stelle Vorhersehbarkeiten gab. Die düstere, unheilvolle Stimmung, die psychologischen Machtspielchen, die Gewissensfragen – all das transportiert King intensiv und authentisch.

Fazit

Eine sehr gute und lesenswerte Geschichte, die vor allem ein intensives Kopfkino garantiert und auch stark zum Nachdenken anregt. Kleinerer Ungereimtheiten zum Trotz unterhält »Der Sturm des Jahrhunderts« hervorragend und bereitet besonders an dunkeln und kalten Herbstabenden auf der Couch so einige wohlige Gänsehautmomente.