Rezension

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?

Bittersüße Zitronen -

Bittersüße Zitronen
von Luca Ventura

Bewertet mit 4 Sternen

Gleich vorweg: Alle, die von diesem Krimi Hochspannung erwarten, die zum Nägelbeißen verleitet, sind hier fehl am Platz. Wer sich aber in Zeiten der eingeschränkten Mobilität für einige Stunden in den italienischen Süden wegträumen möchte, kann hier unbesorgt zugreifen.

Bei einem Urlaubskrimi geht es in erster Linie darum zu unterhalten, die besondere Atmosphäre einer Region und die Eigenheiten ihrer Bewohner zu beschreiben, etwas familiären oder persönlichen Hintergrund des Ermittlers hinzuzufügen, plus das Ganze dann noch mit einem eher unspektakulären Mordfall zu garnieren, der den Leser nicht aus seiner Komfortzone reißt. Und das ist dem unter Pseudonym schreibenden Autor Luca Ventura gelungen, auch wenn diesmal nicht die Sonne rot im Meer versinkt und der Himmel angesichts der dunklen Jahreszeit eher grau als blau ist.

Unfall oder Mord? Diese Frage müssen sich der einheimische Agente Enrico Rizzi und seine aus dem Norden strafversetzte Kollegin Antonia Cirillo stellen, als Elisa Constantini mit einer Ape auf einer kurvigen Straße die Böschung hinunterstürzt und ums Leben kommt. Das Fahrzeug war manipuliert und gehört Aurora Bellini, der Eigentümerin einer Fabrik, die im großen Maßstab Zitronen diverser Zulieferer unter anderem zu Limoncello verarbeitet. Und auch die Constantinis beliefern Aurora seit Jahrzehnten. Stellt sich die Frage, ob es einen Zusammenhang mit den Plänen der Familie Constantini gibt, die beabsichtigen in die Selbstvermarktung via Crowdfarming einzusteigen. Die Anzahl der Verdächtigen ist übersichtlich, ebenso die möglichen Mordmotive der Verdächtigen. Geht es um Geld? Um eine Familienfehde zwischen zwei Matriarchinnen? War es Eifersucht? Oder etwas ganz anderes?

Die Auflösung dreht sich mehrmals im Kreis und ist nicht gänzlich überraschend. Was mich allerdings erstaunt und was ich so in einem kuscheligen Urlaubskrimi nicht erwartet hatte, waren die kritischen Einschübe, die die Vorurteile der Capresen gegenüber den meist afrikanischen Pflückern thematisierten. Ebenso die Hinweise auf die schlechten Arbeitsbedingungen, die spärliche Entlohnung sowie die menschenunwürdigen Quartiere auf den Zitronenplantagen. Gut so, und ich hoffe, dass der Autor auch in künftigen Bänden der Reihe einen kritischen Blick auf das Urlaubsparadies im Golf von Neapel wirft.