Rezension

Kitsch oder Kunst?

Mystery Girl - David Gordon

Mystery Girl
von David Gordon

Ich habe mir „die Quintessenz aus Proust und Porno“ prickelnder vorgestellt

Sam Kornberg ist ein sympathischer Loser. Er hält sich für einen Schriftsteller, liebt Trash-Filme, Hochliteratur und seine Frau Lala. Als die ihn verlässt, bricht für Sam eine Welt zusammen. Er nimmt den Job als Assistent eines sehr Assistent des fettleibigen Privatdetektivs Solar Lonsky an und gerät – auf der Suche nach einer geheimnisvollen Frau  - auf einen Wahnsinns-Trip. Oder ist es ein Trip in den Wahnsinn?

David Gordon hat in der Film-, Porno-, Buch- und Modebranche gearbeitet. Von all diesen Erfahrungen lebt dieses Buch und macht reichlich Gebrauch davon. Für meinen Geschmack zu viel, denn die Geschichte geht in der Detailverliebtheit des Autors fast unter. Seitenweise wird über Filminhalte referiert und über Literatur salbadert. Es gipfelt in Zeds Lebensbeichte, in der er so ausgiebig über den Niedergang der westlichen Kultur schwafelt, dass mir fast das Gesicht eingeschlafen ist.

Dreh und Angelpunkt der Geschichte ist LA, die Stadt der gefallenen Engel. „Aber das hier war schließlich Hollywood, die Heimat der Lächerlichen.“ Und Lächerliche tummeln sich wahrlich viele in „Mystery Girl“. Eine illustre Gesellschaft von Irren – manche haben es sogar schriftlich attestiert. „Herzlich willkommen, Filmfanatiker, Satanisten, Metal-Heads, Kiffer und Fetischisten jeglicher Couleur.“ Stark überzeichnet und schrill, aber trotzdem sind gerade sie eine Stärke des Buchs.

Der Autor macht es dem Leser schwer, der Geschichte zu folgen. Es gibt ihn zwar, den berühmten roten Faden, aber ist nicht leicht zu finden. Manchmal verirrt er sich, verknotet sich zuweilen und verliert sich fast in den viel zu vielen Details. Dafür fehlt es dann an anderen Stellen. Wäre es nicht schön gewesen, man hätte die Lebensgeschichten von Zed und Mona in die Handlung eingebaut. Dafür war scheinbar kein Platz. Stattdessen werden sie uns als DVD bzw. als fiktiver Abschiedsbrief kredenzt. Das ist unelegant und macht so gar keinen Spaß.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich gerade Kitsch oder Kunst gelesen habe. Und wer bin ich, darüber zu entscheiden, aber so richtig gefallen hat mir das Buch nicht. Ich fühlte mich stellenweise wie in einem David Lynch Film (Mulholland Drive), dann wieder wie in einer alten Nero Wolfe Serie, einem Road-Movie oder in einem mexikanischen Western. Die Betonung liegt definitiv auf Film und das verwundert nicht, dreht sich doch in diesem Buch alles um Trash-Filme und Pornos. Aber garantiert habe ich mir „die Quintessenz aus Proust und Porno“ prickelnder vorgestellt.

Die Übersetzung ist ähnlich wie das ganze Buch stellenweise grandios und stellenweise grottenschlecht. Und der Übersetzerin sei gesagt: „Es gibt ihn noch, den Genitiv!“ – auch wenn sie ihn nicht benutzen wollte.