Rezension

Klassischer Davenport-Thriller

Zorn - John Sandford

Zorn
von John Sandford

~~Bei den Abrissarbeiten eines alten Hauses in Minneapolis finden die Bauarbeiter in den Trümmern zwei mumifizierte Mädchenleichen entdeckt. Lucas Davenport wird zu der Fundstelle gerufen und mit den Untersuchungen betraut. Es stellt sich heraus, dass die beiden Toten die Jones-Schwestern sind, deren spurloses Verschwinden der junge Polizist Davenport Mitte der achtziger Jahre zu Beginn seines Berufslebens aufzuklären versuchte. Damals kam allerdings der Hauptverdächtige bei einem Schusswechsel ums Leben, und obwohl Davenport sich der Schuld dieses Mannes nicht sicher war, schlossen seine Vorgesetzten den Fall als aufgeklärt ab. Nun da die Leichen der Schwestern endlich aufgetaucht sind, sieht sich Lucas in seinen Zweifeln bestätigt und rollt den Fall neu auf, in der Hoffnung, dass die Fortschritte der Kriminaltechnik neue Untersuchungsergebnisse zutage fördern und er mit deren Hilfe den Doppelmord endlich aufklären kann.

 Lucas Davenport, der Ermittler aus Minneapolis mit den unkonventionellen Methoden und dem Auftreten eines ‚Dirty Harry‘, ist zurück. In Band 21 „Zorn“der „Prey-Serie“ (die Originaltitel enthalten immer das Wort „prey“ = Opfer, Beute – der vorliegenden Thriller „Zorn“ heißt im amerikanischen Original „Buried prey“) nimmt uns der amerikanische Autor John Sandford mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit seines Protagonisten, als dieser noch ganz am Anfang seines Berufslebens steht.

 Die Geschichte ist in zwei Hälften geteilt: Der erste Teil behandelt die Geschehnisse Mitte der achtziger Jahre und zeigt dem Leser den jungen Polizisten Davenport, der noch unfertig, ungeschliffen ist. Aber gerade in dieser rauen Art wirkt er sehr authentisch und glaubwürdig, hungrig und voller Ideale. Mittlerweile ist er um einiges abgebrühter, was natürlich auch an seiner Position im Staatskriminalamt von Minnesota liegt, in der er wegen der Nähe zur Politik manchmal doch mehr taktieren und Rücksicht nehmen muss. Aber wenn Davenport, wie im vorliegenden Fall, Blut geleckt hat, erwacht der alte Jagdinstinkt.

 Im zweiten Teil vertraut er seinem Bauchgefühl und nimmt die Witterung auf, erweckt den „cold case“ zum Leben, indem er, ausgehend von den alten Fallakten, die damaligen Ergebnisse auf den Prüfstand stellt, neue Ermittlungen in Gang setzt und schlussendlich den wirklichen Täter, der sich als Serienmörder entpuppt, zur großen Erleichterung aller Beteiligten, dingfest macht.

 Der Rückblick in die Vergangenheit des Protagonisten ist ein kluger Schachzug John Sandfords, den nach den letzte Bänden der Serie dachte ich bereits, die Figur des Lucas Davenport sei mittlerweile ausgereizt. Auf mich wirkte er sehr angepasst, glatt und stromlinienförmig, mit einem Wort langweilig. Nun hat er wieder Ecken und Kanten und das Profil, das seine Fan-Gemeinde schätzt.

 Eine spannende Story, mit unerwarteten Wendungen – ein klassischer Lucas Davenport-Thriller, nicht nur für Fans der Serie. Die Handlung ist in sich abgeschlossen, setzt keine Vorkenntnisse der vorhergehenden Bände voraus und kann deshalb auch problemlos von Neueinsteigern gelesen werden!