Rezension

Klug und nachdenklich

Der Leopard - Giuseppe Tomasi Di Lampedusa

Der Leopard
von Giuseppe Tomasi di Lampedusa

„Ich bin jetzt dreiundsiebzig Jahre alt, gelebt habe ich davon … zwei, höchstens drei Jahre…“

Ein ernüchterndes Resumé, das Fabrizio, Protagonist des Romans, am Ende seines Lebens zieht. Fürst Fabrizio betrachtet sein Dasein als Anghöriger des Adelsgeschlechts Salina im Königreich Sizilien äußerst kritisch. Einerseits den Traditionen seiner adligen Vorfahren verbunden, liebt er es auf der anderen Seite besonders, sich mit Naturwissenschaften wie Mathematik und Astronomie zu beschäftigen, was  allein ihm sinnvoll erscheint. Als engagierter Beobachter seiner Umgebung kommentiert er die Anstrengungen seiner Mitmenschen, die nach höheren gesellschaftlichen Positionen, Reichtum oder Einfluss streben. Aus der (Ein-)Sicht des Fürsten scheint ihr Streben sinnlos, wenn man es in dem größeren Zusammenhang zur geschichtlichen Entwicklung betrachtet. Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896-1957) lässt auf kluge und humorvolle Weise den Leser teilhaben am Leben Salinas und seiner Familie und den Ereignissen der Jahrzehnte zwischen den Frühsommern 1860 und 1919. Kritisch betrachtet er ihr Dasein vor dem historischen gesellschaftlichen Hintergrund und den grundlegenden politischen Veränderungen jener Zeit. Salina selbst kommentiert die Geschehnisse in seinen Gedanken, manchmal (selbst)kritisch, oft ironisch. Es scheint fast, als sei Fürst Fabrizio das Alter Ego Lampedusas, der ebenfalls aus einem alten Adelsgeschlecht stammt.

Zu Lebzeiten des Schriftstellers wurde der Roman von den Verlagen abgelehnt; erst im Jahr 1958 nach seinem Tod konnte er in Italien erscheinen. Bei allem Humor, den der Leser hier spürt, lässt er ihn doch nachdenklich zurück.