Rezension

Kreative Idee außergewöhnlich umgesetzt

Controller Roulette -

Controller Roulette
von Lilly M. Beck

Bewertet mit 4 Sternen

„Controller Roulette“ ist die neue Kurzgeschichte von Lilly M. Beck, erschienen bei Berlinable. Protagonistin Mia hat für die Werbekampagne eines Erotikspielzeugs eine außergewöhnliche Idee: eine große Party auf der die Damen die Fernbedienungen der Toys, die sie tragen, in eine Schüssel geben. Daraus werden diese zufällig an die männlichen Kollegen verteilt. Wer hat die Kontrolle über wen und vor allem: Wer hat die Fernbedienung von Mia?

Für das wunderschöne und ästhetische Cover erstmal ein großes Kompliment an Giada Armani. Doch Lilly M. Becks einfallsreiche Geschichte steht dem in nichts nach.

Bereits mit „Wer bist du wirklich?“ hat die Autorin gezeigt, dass sie ein Talent für Geschichten über solche exklusiven Partys hat. Die Idee ist hier ebenfalls wieder absolut kreativ und einzigartig. Auch die außergewöhnliche Umsetzung hebt die Kurzgeschichte von anderen Veröffentlichungen ab: Mia spricht permanent die Leser*innen an, als wären diese eine ganz bestimmte Figur, die in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt. Das habe ich noch nie in einem anderen Buch gesehen und auch wenn es zunächst gewöhnungsbedürftig war, hat es mich dann tief zwischen die Seiten gezogen.

Besonders gut gefallen hat mir auch Mias tolerante Einstellung. Nach dem Motto „Leben und leben lassen“ verurteilt sie ihre Kolleg*innen nicht, freut sich einfach, wenn diese Spaß haben und ihr Leben genießen können. Diese Eigenschaft empfinde ich mittlerweile als Lilly M. Becks Signatur, denn die Freiheit, zu tun, was gefällt und nur Regeln für das eigenen Leben aufzustellen, hat sie nicht nur verinnerlicht, sondern trägt es auch jeden Tag nach außen. Das macht Mia für mich so authentisch, selbst wenn ich nur wenige Leute kenne, die diese Freiheit und Toleranz leben.

Verbesserungspotenzial sehe ich bei der Länge der Geschichte. Bevor jetzt jemand sagt: „Aber, das ist doch eine KURZgeschichte…“, ja, ich weiß. Mir fehlt auch keine große Einleitung mit Einführungen in die Charaktere und die Situation, oder das Happily-Ever-After, sondern mittendrin gibt es einen größeren Zeitsprung. Hier wäre noch viel Raum gewesen für einzelne Szenen, in denen Mia ihren Überlegungen nachgeht, wer ihren Controller hat oder für Interaktionen mit Kollegen oder ihrem Toy. Die Auflösung kam mir einfach etwas zu schnell, sodass sich die Spannung vorher nicht ausreichend aufbauen konnte.

Zuletzt möchte ich wieder Berlinables Umgang mit dem Thema „Safer Sex“ loben. Da kann so mancher großer Publikumsverlag noch etwas von lernen.

Insgesamt komme ich zu 4 von 5 Sternen. Die Kreativität der Idee und der außergewöhnliche Erzählstil haben mich sofort für sich eingenommen. Den Kern der Party hätte ich mir noch etwas ausführlicher beschrieben gewünscht. Lilly M. Beck ist eine Autorin, mit der es einfach nicht langweilig wird – da bleibe ich dran!